Der Westen als Fremde

Es ist so wunderschön und auch so traurig in einer Welt zu leben, die den Westen als fremd versteht. Ich nehme diese Perspektive immer mehr ein und verstehe vieles nicht mehr. Die Obsession mit Karriere, Bequemlichkeit, Sicherheit, Wohlstand, Genauigkeit, Richtigkeit, Besserwisserei und Überheblichkeit, Ignoranz und Intoleranz. All das wird mit deutlicher, es wird geradezu evident.

Ich war ein paar Tage krank, und wie viele das dann eben so machen, habe auch ich Filme geschaut, nichts Inspirierendes. Serienmüll. Ich habe das seit einem Jahr nicht gemacht und mir war hinterher ganz übel. Mein Gehirn war überladen, die Synapsen funkten, die Ideologie einer heilen-Welt, die vor den Bösen geschützt werden muss, um die Gemeinschaft zu stärken und dem Individuum zum ‚Recht‘ zu verhelfen, ist ja eigentlich unerträglich.

Aber ich wollte dann doch ein paar schöne Erinnerungen an die Kultur, die ich so weit hinter mir gelassen habe. Das ist dann immer die Musik für mich. Und so stieß ich auf Purcell. Das ist nicht sonderlich originell, aber trotzdem schön.

Eine Freundin erzählte mir von ihrer Vorstellung von Liebe. Die so unterschieden von allem, was ich kenne, dass ich das hier gar nicht umreißen mag. Keuschheit wäre ein Wort, das ist aber komplett verfehlt. Ich hörte also Purcell Solitude… und mich überkam wieder dieses Gefühl des Selbstmitleids, das in solcher Musik zum Ausdruck kommt. Der Schmerz der Einsamkeit, die Todessehnsucht, Trost und Angst, Suche nach Halt, die nur in der Melancholie Ruhe findet. Dieses große Gefühl Europas, die Melancholie, was wäre Europa ohne Melancholie? Ein Witz?

Nun, da ich schon dabei war Purcell zu hören, gab ich mich dem hin und fand Jessie Norman. Ich war es leid schöne junge weiße Frauen zu sehen. Und da erschien sie majestätisch, in einem Universum von Spiegeln, nach Erinnerung flehend. Und so wurde dieses Bild ein Sinnbild für die schöne Traurigkeit des Subjekts, das sich selbst erforscht, weitestgehend ohne Rücksicht auf andere und anderes. Eine narzisstische Störung. Selbstmitleid, Melancholie und Selbstgerechtigkeit und so wunderschön. Das Haupt der Medusa. Diese ganze Kultur baut auf Missverständnissen.

Und bevor der Muskalgorithmus zu französischem Pop wechselt, beende ich das hier.

Om

 

 

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