Auroville Papers

Mögliche Welten

Ich möchte gerne an den Überlegungen zu Diagrammen anschließen. Ich erwähnte da einige Probleme der Logik. Nun wurde ich auf eine Stelle bei Aurobindo aufmerksam:

„Logic, by its very nature, is intolerant even of apparent contradiction; its method is verbal, ideative; it accepts words and thoughts as rigid and iron facts instead of what they really are, imperfect symbols and separate sidelights on truth.“ (Aurobindo Isha Upansiad p. 570)

Eine Zeit lang war ich angetan von der Logik möglicher Welten. David Lewis ist ein Philosoph, den wir im Oberseminar diskutierten. 1986 erschien On the Plurality of Worlds. Die Grundidee ist eine radikale Antwort auf ein großes Problem der Logik in der Epistemologie. Wenn sich wahre Sätzen auf Fakten in der Welt beziehen, worauf beziehen sich falsche Sätze? Davis Lewis antwortet darauf etwas verkürzt, dass es eigentlich keine falschen Sätze gibt. Sätze können nur relativ zu einer Welt falsch sein. Ein Satz wie z.B. „Vor meinem Fenster steht ein Baum“ ist genau dann wahr, wenn vor meinem Fenster ein Baum steht. Sagt ein anderer Mensch diesen Satz an einem Ort, an dem es keine Bäume gibt, ist der Satz falsch. Es hängt also von Kontext ab. Sehr wenige Sätze sind allgemeingültig wahr. Zu ihnen gehören z.B. Sätze der Mathematik.

Kontrafaktische Sätze

Wenn Sätze im ‚richtigen‘ Kontext verwendet werden, wenn sie sich also auf Fakten beziehen, sind sie wahr. Sie bedeuten das, was der Fall ist. Es ist natürlich etwas komplizierter. Alfred Tarski hatte da 1936 ein schönes Rätsel gefunden: die Undefinierbarkeitssätze.

„Informell sagt der Satz, dass der Begriff der Wahrheit in einer Sprache nicht mit den Ausdrucksmitteln der Sprache selbst definiert werden kann. Die Beweisführung erfolgt über die sogenannten Tarski-Sätze, selbstreferenzielle Sätze der Form: ich bin ein Element von M für eine Menge M. Wählt man für M die Menge aller falschen Sätze eines Systems, führt die Konstruktion eines Tarski-Satzes zu einem Widerspruch: Ein wahrer Satz, der im System unbeweisbar ist. Daraus lässt sich folgern, dass die Menge aller wahren Sätze eines Systems nicht innerhalb dieses Systems definierbar ist.“ (Wikipedia)

Das Problem ist nicht trivial. Was bedeuten Sätze, die nicht beweisbar sind? Wir haben jetzt also schon mit zwei Sorten von Problemen zu tun. Zuerst die Frage danach, was Sätze im falschen Kontext bedeuten und dann die Frage, was Sätze bedeuten, die nicht beweisbar sind. David Lewis sagt, dass solche und ähnliche Problem ganz einfach zu lösen sind. Es gibt eine unendliche Anzahl von Welten. Alle Sätze sind wahr, nur eben nicht unbedingt in unserer Welt. Wenn ein Satz hier nicht wahr ist, dann gibt es eine Welt, in der der Satz wahr ist, es ist eben nur nicht meine Welt. Ich habe mit dieser Welt keine Beziehung, wir teilen nicht den gemeinsamen Raum oder Zeit, es gibt keine kausalen Verbindungen oder andere Wirkmechanismen, die diese Welten verbinden. Sie müssen aber existieren, weil sie sagbar sind. Alles was sagbar ist, ist also wahr, d.h. es ist der Fall, d.h. es ist real – in einer von unendliche vielen möglichen Welten. Sind das nun aber wiederum abzählbar unendlich viele Welten oder unabzählbar unendlich viele Welten (d.h. unendlich viele Welten in der Klasse der natürlichen Zahlen, oder mehr, d.h. in der Klasse der rationalen Zahlen, oder sogar irrationalen Zahlen)? Die Rätsel gehen weiter…

Ein sich selbst transzendierende Materialismus

Mich fasziniert das, weil David Lewis das ernst meint. Die Logik führt hier gewissermaßen über sich selbst hinaus. Das ist großartig. Mir kam das wie ein Gottesbeweis vor. Die Physik hat ähnliche Ideen vom Multiversum, Dark Matter, Theory of everything oder was sonst noch so wächst im bunten Garten der Suchenden nach der grand unifyed theory. Der Kosmos ist viel komplexer als wir ihn wahrnemen oder denken können. Das wirklich Allermeist kennen wir nicht. Edwin A. Abbott hat da eigentlich schon sehr lustig mit seinem Klassiker von 1884 „Flatland: A Romance of Many Dimensions“ darauf hingewiesen.

Die Universen sind wohl viel verrückter, als wir uns das träumen können. Und mich beeindruckt immer wieder, dass die Vedas das schon wussten:

„He who knows That as both in one, the Birth and the dissolution of Birth, by the dissolution crosses beyond death and by the Birth enjoys Immortality.“ (Isha Upanishad, 14. Übersetzt von Aurobino )

 

 

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