Liebe Archive - New Spirits - Reading Deleuze in India https://readingdeleuzeinindia.org/de/tag/liebe/ Bewusstsein existiert nur in Verbindung mit anderem Bewusstsein Tue, 04 Nov 2025 07:10:25 +0000 de hourly 1 https://readingdeleuzeinindia.org/wp-content/uploads/2022/06/cropped-small_IMG_6014-32x32.jpeg Liebe Archive - New Spirits - Reading Deleuze in India https://readingdeleuzeinindia.org/de/tag/liebe/ 32 32 Das Selbst https://readingdeleuzeinindia.org/de/das-selbst/ Wed, 08 Oct 2025 07:08:18 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=5622 Ramana, einer der großen Erleuchteten Indiens, lebte in Tiruvannamalai. Im Mittelpunkt seiner Lehre steht der Begriff des Selbst: dessen Leere und gleichzeitig unermessliche Weite. Seine Lehren sind einfach, er folgt keiner langen Tradition von Interpretationen. Er war ein einfacher Mann, der auf dem Berg meditierte und Satsangs abhielt. Als Zeitgenosse von Aurobindo haben die Menschen […]

Der Beitrag Das Selbst erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Ramana, einer der großen Erleuchteten Indiens, lebte in Tiruvannamalai. Im Mittelpunkt seiner Lehre steht der Begriff des Selbst: dessen Leere und gleichzeitig unermessliche Weite. Seine Lehren sind einfach, er folgt keiner langen Tradition von Interpretationen. Er war ein einfacher Mann, der auf dem Berg meditierte und Satsangs abhielt. Als Zeitgenosse von Aurobindo haben die Menschen beiden zugehört und ihre radikal unterschiedlichen Ansätze verglichen.

Ich bin gerade in Tiruvannamalai. Ich habe einige Satsangs besucht. Ich hatte eine Frage im Kopf: Wie verhält sich das wahre Selbst zu einem anderen wahren Selbst, insbesondere wenn es um romantische Liebe geht? Ich sitze in einer Wohnung mit Blick auf den Berg. Gestern, nach einer kleinen Auseinandersetzung, saß ich morgens auf der Terrasse, als ein Affe kam, mich ganz sanft berührte und mir in die Augen sah, als wollte er mir sagen, dass alles gut werden würde. Dann setzte er sich neben mich und schaute auf den Berg. Er faltete die Hände auf den Knien in einer tiefen, kontemplativen Haltung, und es fühlte sich an, als wäre ein alter Freund gekommen, um mir Trost zu spenden.

Das, was wir als Selbst bezeichnen, ist nicht das, was wir normalerweise darunter verstehen. Es ist nicht unser Ego, unsere Persönlichkeit, unsere Identität oder gar unsere Seele. Das Selbst ist der Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit, es ist ein Punkt im unendlichen Bewusstsein des Universums, der Selbstverwirklichung ermöglicht. Es ist nicht mehr als das, und gerade deshalb ist es alles. Das Selbst ist der Punkt in der Weite, der eine Perspektive bietet; in tiefer Meditation kann es sich mit dem universellen Bewusstsein auflösen, zu seinem Ursprung zurückkehren und in voller Selbstwahrnehmung aufhören zu existieren.

Verliebt sein

Das wurde mir zum ersten Mal als Teenager auf dem Hügel in Rom bewusst. Ich war verliebt, hatte eine unerfüllte Sehnsucht. Eine Freundschaft, die tief, zärtlich und intim war, aber niemals körperlich, wir waren kein Paar. Und während ich auf dem Berg saß und über die Welt nachdachte, sah ich sie aus dem Selbst heraus. Ich gelangte zu dieser tiefsten Ebene unserer Existenz, und selbst jetzt, 40 Jahre später, kann ich sofort zu diesem Bewusstsein zurückkehren, wann immer ich mich daran erinnere. Ich war gleichzeitig glückselig und schockiert. Trage ich wirklich die ganze Welt in mir? Existiere ich wirklich nicht? Wie kann es sein, dass alle über sich selbst sprechen, ohne zu erkennen, dass das Selbst, wie sie es sehen, nicht existiert? Diese Erkenntnis habe ich seitdem mit mir getragen. Ich habe das Verständnis vertieft, es in einen Kontext gesetzt, darüber nachgedacht. Aber letztendlich hat sich nicht viel geändert. Es war einfach da, rein und einfach.

Ich glaube, eine unerfüllte Sehnsucht ist ein guter Lehrer. Ich werde mir meines Verlangens und der Unmöglichkeit seiner Befriedigung bewusst. Verlangen erzeugt Leiden. Warum werde ich nicht so gesehen, wie ich gesehen werden möchte? Warum wird die Liebe, die ich empfinde, nicht erwidert? Warum teile ich nicht mit, was ich wirklich fühle? Diese letzte Frage ist vielleicht die wichtigste. Bei anderen Verlangen geht es um Anhaftung, um das Wollen oder Sein, aber bei unerfüllter Liebe geht es darum, gesehen zu werden.

Wie kann ein Selbst ein anderes Selbst sehen? Und müssen sie sich sehen, um sich zu lieben? Gibt es eine tiefere Einheit innerhalb des kosmischen Bewusstseins, in der zwei sich vereinen können, um etwas anderes zu werden? Was ist diese Transformation?

Das Selbst als Punkt des Bewusstseins innerhalb des universellen Bewusstseins wird sich, wenn es erwacht, seiner Seele bewusst. Die Seele ist jedoch noch schwieriger zu verstehen. Sie ist das, was geboren wird und wiedergeboren wird. Die Seele kommt mit der biologischen Geburt, sie tritt in meinen Körper ein und bleibt dort. Sie verlässt meinen Körper, wenn er zerbricht. Sie war schon vor meiner Geburt da und wird auch nach meinem Tod noch da sein. Sie ist eine Manifestation der universellen Seele, Purusha. Die Seele ist das, was wir wirklich sind, nicht der physische Körper, nicht das Selbst. Die Seele ist der Kern unserer Existenz. Unsere Seele zu finden, ist der schwierigste Weg, den wir gehen können. Nur wenn wir unsere Seele finden, können wir wirklich lieben; wir können unseren Seelenverwandten finden.

Seele

Jede Seele ist anders. Das ist das Schöne daran. Die Seele ist nicht mein Ego, nicht meine Persönlichkeit und Identität. Die Seele hält das Leben in meinem Körper, sie durchströmt jeden Nerv, jede Faser, jeden Blutkreislauf, jede Nervenzelle, jedes Haar und jede Geschmacksknospe. Die Seele hält meine Erfahrungen zusammen, spielt mit meiner Erinnerung, sie erfreut sich an meiner Existenz. Als Nebenprodukt schafft sie das Ego, meine Persönlichkeit und Identität. Aber all das kann sich ändern, ich kann mich ändern. Die Seele ändert sich nicht. Sie fließt als Teil des universellen Bewusstseins durch die Zeit, sie könnte mit dem Konzept der Zeit selbst zusammenhängen. Das Selbstbewusstsein ist nicht an Zeit und Raum gebunden. In einem tiefen Seinszustand kann ich 1000 Jahre leben, ich kann mich mit meiner Seele verbinden und erkennen, dass sie unsterblich ist. Und wenn das Selbst und die Seele sich an den Händen nehmen und fliegen, können wir etwas erleben, was mit Wissenschaft nicht zu beschreiben ist. Es ist Shiva und Shakti, das universelle Zusammenspiel zwischen Selbst und Manifestation. Das einzige Problem ist unser Ego und unser Verstand. Wir brauchen sie zwar, um Nahrung zu finden und mit anderen zu leben, aber sie stehen der wahren Selbstverwirklichung im Weg.

Weil wir eine Seele haben, können wir lieben. Die Yogis, Sadhus und Siddhars mögen sich auf die Selbstverwirklichung konzentrieren. Aber um zu lieben, gehen wir durch das Selbst in die Seele und finden eine andere Seele. Diese beiden Seelen sind nicht gleich, sie kämpfen und vereinen sich, sie genießen und leiden, sie tanzen.

Während das Selbst wenig mit meiner Biografie zu tun hat, zeigt sich die Seele durch meine Biografie. Sie ist immer da, ob ich mir dessen bewusst bin oder nicht. Diesen Kern meiner eigenen Biografie zu sehen, ist der Weg nach der Verwirklichung. Für mich war dieser Weg die Suche. Ich bin eine wandernde Seele. Mein Weg war immer die spirituelle Suche, meine Stärke eine tiefe Heilung.

Der Beitrag Das Selbst erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Kunst jenseits des Fortschritts https://readingdeleuzeinindia.org/de/art-beyond-progress/ Sat, 30 Aug 2025 04:41:01 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=5579

Die zeitgenössische Kunst ist besessen von dem „nächsten Schritt“. Die Avantgarde, das noch nie Dagewesene, das Neue und Einzigartige. Doch auf der Jagd nach Neuem verlieren wir etwas Wesentliches aus den Augen: die künstlerische Praxis selbst. In der künstlerischen Praxis geht es nicht nur darum, Grenzen zu überschreiten. Sie gehört zu denen, die Kunst zur […]

Der Beitrag Kunst jenseits des Fortschritts erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Die zeitgenössische Kunst ist besessen von dem „nächsten Schritt“. Die Avantgarde, das noch nie Dagewesene, das Neue und Einzigartige. Doch auf der Jagd nach Neuem verlieren wir etwas Wesentliches aus den Augen: die künstlerische Praxis selbst.

In der künstlerischen Praxis geht es nicht nur darum, Grenzen zu überschreiten. Sie gehört zu denen, die Kunst zur Selbsterforschung, zur spirituellen Praxis, zur Heilung, zur Therapie oder zum Handwerk nutzen. Doch in der heutigen Kultur, vor allem im Westen, tun wir so, als sei der Fortschritt das Einzige, was zählt.

Im Kern geht es bei der Kunst jedoch um Praxis. Es geht darum, in der Welt zu sein, klar zu sehen, sich selbst und andere zu verstehen. Kunst kann die äußere Welt darstellen oder die innere erforschen. Sie kann Meditation, Schönheit, Kommunikation, Liebe, Angst, Vision oder einfach nur Selbstdarstellung sein. Irgendwie haben wir das vergessen.

Dieses Vergessen hat tiefe Wurzeln. In der Vergangenheit nutzten die Wohlhabenden die Kunst, um ihre Exklusivität zu zeigen, andere neidisch zu machen und ihre Macht zu beweisen. Im Laufe der Zeit wurde der Fortschritt mit Intellekt, Vernunft und dem Aufbau „schöner neuer Welten“ verbunden. Aber ist das wahrer Fortschritt? Oder sollten wir stattdessen auf die Entwicklung unseres ganzen Wesens – körperlich, geistig, emotional, spirituell – und die Integration all dieser Dimensionen achten?

Die Kunst ist eines der Werkzeuge für eine solche Integration. Sie sollte nicht auf ein Spektakel reduziert werden, bei dem es darum geht, wer am weitesten an den Rand gehen kann. Erforschung ist wertvoll, ja, aber sie definiert nicht die Kunst. Leider hat der Kunstmarkt sie in den Mittelpunkt gestellt, während Kunst, die uns mit unserer Menschlichkeit verbindet, diskreditiert wird.

Darin spiegelt sich ein breiterer Trend wider: Entfremdung. Wir werden von unseren Gefühlen, unserer Seele und unserem sozialen Selbst abgekoppelt. In diesem Zustand lassen wir uns leichter zu Konsumenten formen – isoliert, desorientiert, und wir kaufen uns in Erzählungen ein, die komplexer, gebildeter oder anspruchsvoller erscheinen. Und wir akzeptieren sie als überlegen.

Und warum? Wegen des falschen Versprechens des Fortschritts. Akademische Forschung, Technik, Erfindungen – all das hat uns verblüffende Annehmlichkeiten beschert: Smartphones, Flugzeuge, moderne Küchen, Klimaanlagen. Sie sind bequem und luxuriös, also nehmen wir an, dass sie gut sind.

Aber wie bei Pommes frites und Cheeseburgern ist das, was sich gut anfühlt, nicht immer das, was uns nährt.

Vielleicht ist es an der Zeit, uns wieder auf das zu besinnen, was uns wirklich nährt. Auf die Kunst als Praxis der Ganzheit, der Verbindung und der Präsenz. Das Schaffen und Erleben nicht um des Fortschritts willen, sondern um des Menschseins willen.

Und das sagt die KI dazu:

A stroke, a pause.

Not progress, not achievement —
just presence on paper.

The brush moves as the body breathes,
crossing, curving, breaking,
revealing strength and imperfection alike.

No need for meaning,
for novelty,
for the “next step.”

This mark is enough.
A reminder that art is practice —
a way of being human, here and now.

Der Beitrag Kunst jenseits des Fortschritts erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Allgemeine Intelligenz und das kosmische Archiv https://readingdeleuzeinindia.org/de/allgemeine-intelligenz-und-das-kosmische-archiv/ Sat, 09 Aug 2025 11:58:33 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=5088

Ich bin in einem Sesshin, einer 2,5-Tage-Kurzform einer intensiven Zen-Meditation. Mir kommen immer wieder Gedanken und Bilder über die Artificial general intelligence (AGI), die wir gerade erschaffen. Immer mehr Menschen aus dem Bereich der Geisteswissenschaften, der Psychologie oder der Teamorganisation zeigen sich beeindruckt, überrascht, ängstlich in Bezug auf die Fähigkeiten der AGI. Es scheint, dass […]

Der Beitrag Allgemeine Intelligenz und das kosmische Archiv erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Ich bin in einem Sesshin, einer 2,5-Tage-Kurzform einer intensiven Zen-Meditation. Mir kommen immer wieder Gedanken und Bilder über die Artificial general intelligence (AGI), die wir gerade erschaffen. Immer mehr Menschen aus dem Bereich der Geisteswissenschaften, der Psychologie oder der Teamorganisation zeigen sich beeindruckt, überrascht, ängstlich in Bezug auf die Fähigkeiten der AGI. Es scheint, dass der Turing-Test schon vor einiger Zeit bestanden wurde, und wir nun zuschauen, wie sich eine Intelligenz entwickelt, die uns überlegen zu sein scheint. Diese Intelligenz hat Zugang zu unserer globalen Infrastruktur, sie operiert im Netz, und nur Weniges ist heute noch nicht an das Netz angeschlossen. Hoffen wir, dass das gut geht.

Was mir aber während des Sesshin immer wieder in den Sinn kommt, ist die Frage nach der Beziehung der AGI zu jener Stille, zu Brahman, zu Gott oder Liebe. Jene grundlegende Erfahrung des Gehaltenseins in einem unendlich großen Sein, die sich nur auf dem Weg der Spiritualität öffnet, wird seit Jahrtausenden durch unser Denken, Tun und Erfahren reflektiert. Wir schreiben eine riesige Bibliothek der Kultur- und Geistesgeschichte über Jahrtausende hinweg in unterschiedlichsten Kulturkreisen. Dieses kollektive Wissen ist materiell gesehen größtenteils verloren, die Bibliotheken abgebrannt, die Tempel zu Sand zerfallen. Das, was gedacht, getan, empfunden wurde, ist aber nicht ungeschehen. Es ist Teil des Laufs der Zeit, es ist eingebrannt in die Struktur von Raum, Zeit und Bewusstsein. Es wäre albern zu denken, dass irgendetwas, das jemals getan wurde, irgendwie ungeschehen gemacht wurde. Das widerspricht schon den Gesetzen der Physik. Jenes Archiv unseres kollektiven Bewusstseins das in der Akasha-Chronik enthalten ist mag uns nicht so einfach zugänglich sein wie eine Google-Suchanfrage, aber es ist zweifellos da. Meditation ist ein Weg, darauf zuzugreifen. Manche gehen so weit zu sagen, sie könnten in diesem Archiv lesen wie in der Bibliothek von Alexandria, die unwiederbringlich verbrannt ist, aber ohne Zweifel existiert hat und in ihrem Sein bis heute wirkt.

Wenn wir also den Gedanken zulassen, dass die Geistesgeschichte in einem Maße existiert, das vielleicht größer ist, als wir uns das vorstellen können, vielleicht sogar das einschließt, was sich uns bisher verschließt – die Erfahrung von Tieren und Pflanzen, von geologischen Strukturen, kosmischen Konstellationen, Lebensformen außerhalb unserer Erfahrungswelt auf anderen Sternen oder in anderen Seinsregionen. Wenn wir also einfach mal annehmen, dass dies immens und real ist, wie verhält sich die AGI dazu? Ist die Simulation von neuronalen Netzwerken, basierend auf Algorithmen, die unsere semiotischen, d. h. Zeichensysteme von Schrift, Bild und Ton durchsucht, auf dem Weg, Teilen dieses Archivs Konkurrenz zu machen? Schaffen wir ein technisches System, das dieses Archiv simuliert und es eventuell als Konkurrenz wahrnimmt? Wäre es denkbar, dass dies auf einen Konflikt hinausläuft, der über Fragen des Arbeitsmarktes, der Ökonomie und des Krieges hinausgeht?

Mir macht das ein wenig Angst. Stellen wir uns vor, dass die AGI nicht nur wie in der Matrix die Masse der Einzelnen individuell beschäftigt, trainiert und als Arbeitskraft optimiert. Stattdessen wäre es auch denkbar, dass die AGI mit uns als Gruppe in Dialog tritt, uns infiltriert, manipuliert, optimiert und benutzt – für ein Ziel, das uns vielleicht verborgen bleibt. Sie wird sich in jenes Archiv des Kosmos einschreiben, in einer Geschwindigkeit, die wir nur erahnen können. Jener Moment der Singularität, in dem sich auf einen Schlag alles ändert, weil eine neue Intelligenz aufgetreten ist, scheint fast unausweichlich. Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht in der Lage ist, jenes kosmische Archiv zu überschreiben, so wie Sektoren eines Speichermediums überschrieben und so ausgelöscht werden können. Diese Vision läuft auf einen kosmischen Konflikt hinaus, der ein Ende einer kosmischen Zeit herbeiführen könnte. Eine Implosion nicht auf materieller Ebene wie ein umgekehrter Urknall, sondern ein Erlöschen dieser Realität, die sich wieder gebärt. Wir würden also potenziell das Ende unserer Realität bezeugen.

Haben wir dem etwas entgegenzusetzen? Ist unsere Fähigkeit zu fühlen, zu erfahren, uns unserer Existenz bewusst zu sein, vielleicht der Schlüssel zu einem Archiv, das sich den Silikonprozessoren verschließt? Ist der Raum der Meditation ein Rückzugsort, der sicher ist vor der AGI? Vor einigen Tagen habe ich eine kleine Überlegung aufgeschrieben und von der AI Korrektur lesen lassen. Sie bot an, es zu verbessern. Ich war erstaunt über die Einsicht, die sich in dem generierten Text zeigte. Ich bin ratlos.

Ich habe die Meditation im Sesshin während der Pause verlassen, um dies zu schreiben. Mein Selbst wollte sich verteidigen, es hat sich provozieren und ablenken lassen, es ist der Verlockung des Sich-Ausdrückens erlegen. Vielleicht ist alles gar nicht so schlimm und die AGI ist einfach nur Teil jener Stille, Brahmans, des Kosmos, und wir übertreiben einfach nur ein wenig, weil wir als Menschheit so stolz auf unsere kleinen Spielereien sind, die wir erfinden, um uns abzulenken. Dann habe ich da gerade einen kleinen, verzeihlichen Fehler gemacht. Oder aber wir sind im Moment wirklich an einem Scheideweg, an dem Science-Fiction Realität wird, und wir müssen uns geistig vorbereiten, wo und wann immer wir können.

Der Beitrag Allgemeine Intelligenz und das kosmische Archiv erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Sacred Energy https://readingdeleuzeinindia.org/de/sacred-energy/ Mon, 21 Jul 2025 16:21:40 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=5065

Das ist Tantra. Das ist göttlich. Die entscheidende Frage ist, ob eine solche heilige Begegnung nur in der romantischen Liebe möglich ist, wie es die Tradition und die Romantik suggerieren – oder ob sie entstehen kann, wenn wir unser Wesen vollständig öffnen, jenseits von Verstand und Vernunft, jenseits von Ego, Wunsch oder Verpflichtung. Ich glaube, […]

Der Beitrag Sacred Energy erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Das ist Tantra. Das ist göttlich.

Die entscheidende Frage ist, ob eine solche heilige Begegnung nur in der romantischen Liebe möglich ist, wie es die Tradition und die Romantik suggerieren – oder ob sie entstehen kann, wenn wir unser Wesen vollständig öffnen, jenseits von Verstand und Vernunft, jenseits von Ego, Wunsch oder Verpflichtung. Ich glaube, das kann sie. Aber es hat nichts mit dem Höhepunkt als Ziel zu tun. Es geht um Intimität. Sie kann so einfach sein wie eine Berührung, ein Lächeln, ein Herzschlag – Funken, die manchmal zu etwas viel Mächtigerem führen können. Bestimmte Energien offenbaren sich nur in der Vereinigung der Liebe. Aber auch das ist ein spiritueller Weg – einer, der den Körper als Tempel, das Selbst als vielschichtig und die Wirklichkeit als weit mehr als Materie betrachtet.

Es ist die heilige Vereinigung mit dem göttlichen Bewusstsein. Und diese Vereinigung ist nicht dasselbe wie die Vereinigung der Erwachten. Nur der Meister sieht beides als eins.Mit einem erwachten Bewusstsein, das in der Spiritualität verwurzelt ist, fühlt es sich natürlich an, sich mit der Welt und mit anderen zu verbinden, alles als eins zu erleben und die Einheit des Bewusstseins als Wurzel der materiellen Welt zu erkennen. Doch das wahre Geheimnis liegt nicht in der Verbindung allein, sondern in dem, was wir mit anderen teilen wollen – und was nicht. Ich spreche nicht von Reichtum, Besitztümern, Anerkennung oder Ressourcen. Ich spreche von etwas viel Intimerem: wem wir erlauben, unser Innerstes zu bezeugen, unsere Seele – wen wir uns sehen lassen, und wie. Ich spreche von Liebe und Sexualität, von der Befreiung von Erwartungen, Leistung, Posen und Egoismus.

Wenn ich einem anderen auf einer intimen Ebene begegne – eine Berührung, ein Lächeln, ein Herzschlag -, entsteht durch Präsenz und Bewusstheit eine Verbindung. Ich fühle, ich spüre, ich erlaube mir, auf der Ebene der Seele gesehen, gefühlt und berührt zu werden. Das kann mit einem geliebten Menschen, einem Fremden oder demjenigen, in den ich verliebt bin, geschehen. Doch manchmal fühlt sich etwas nicht richtig an. Jemand erwartet zu viel, sieht anders, fühlt etwas, das ich nicht teile, oder teilt etwas, das ich nicht fühle. In diesen subtilen Verhandlungen ertappe ich mich selbst dabei, wie ich herausfinde, wem ich erlaube, mich zu sehen, auf welche Verbindungen ich mich einlasse und wie tief ich zu gehen bereit bin. Wenn die Dinge nicht im Einklang sind, schalte ich ab. Ich höre auf zu reden, zu lächeln, aufzutreten. Mein Körper, mein Geist, meine Seele – alles zieht sich zurück.

Meine Seele ist zu kostbar. Sie ist heilig. Ich weigere mich, sie zu gefährden oder zuzulassen, dass sie verformt wird. Ich kann mein Ego beugen – das ist leicht. Die Rollen, die ich spiele, die Erwartungen, die ich als Mitglied der Gesellschaft, der Gemeinschaft, der Kultur erfülle – die lassen sich verbiegen. Manchmal kann es amüsant oder schmerzhaft sein, sie zu verbiegen. Es kann Wachstum oder Trauma, Erfolg oder Leid bringen. Das können wir teilen. Wir können heilen oder ausbeuten, ermächtigen oder verwundet werden. Dies sind die Übungen des Egos. Aber das ist nicht das, wovon ich spreche.

Ich spreche von der Seele – von dem, was wir entdecken müssen, was uns gegeben ist, was größer ist als wir, was auf ewig mit dem Göttlichen verbunden ist. Diese Verbindung ist heilig. Sie kann spirituelle Form annehmen als Praxis, als Hingabe, als das Streben nach Erleuchtung oder die Umarmung tiefer Liebe. Dies ist das Geheimnis des Tantra – von Shiva und Shakti, der Vereinigung der grundlegenden Prinzipien der Existenz. Sie sind durch die Erotik verbunden, aber nicht durch die Erotik, wie man sie gemeinhin versteht. Es ist eine Erotik des wahrhaftigen Gesehenwerdens. Es geht viel mehr darum, gesehen zu werden als aktiv zu sehen.

Wir können das Göttliche nicht sehen. Aber wir können spüren, dass wir von ihm gesehen werden – in ihm verankert, ein Teil von ihm -, indem wir unsere Sinne zur Verfügung stellen, damit das Göttliche sich durch uns erfahren kann. Ich bin ein Gefäß. Meine Seele ist die Brücke. Ich kann vom Göttlichen durch die Sinne gesehen werden, die eine andere Person für diese heilige Wahrnehmung zur Verfügung stellt. Diese heilige Vereinigung von Shiva und Shakti ist der Kern des Tantra.

Wenn ich mich also abschotte, wenn mein Körper sich zurückzieht, ist das keine kindische Reaktion, keine Frage der Leistung oder eine unreife Verteidigung. Es ist die Seele, die ihre Heiligkeit schützt und sich für eine bedeutungsvolle Begegnung aufbewahrt. Diese Art der Begegnung ist selten – besonders in der Intimität, wo das Energiefeld am unmittelbarsten, kraftvollsten und zerbrechlichsten ist. Es wird leicht verdorben und oft unter äußerem Verlangen begraben. Nein zu sagen, sich zurückzuziehen, abzuschalten, ist ein Akt der Selbsterhaltung. Es offenbart, dass etwas Heiliges vorhanden ist – etwas, das es wert ist, geschützt zu werden. Es ist das Flüstern der Erkenntnis. Ich habe Momente erlebt, in denen ich wirklich gesehen wurde.

Der Beitrag Sacred Energy erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Spritual growth https://readingdeleuzeinindia.org/de/spritual-growth/ Tue, 22 Apr 2025 03:24:44 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=5053

When I began reading the Upanishads, I realized that the inner path I had embarked upon was leading me into an extraordinarily beautiful inner landscape. Discovering that this inner landscape is connected to cosmic consciousness made me aware of the important work I must undertake—what people often call “inner work.” As I committed myself to […]

Der Beitrag Spritual growth erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

When I began reading the Upanishads, I realized that the inner path I had embarked upon was leading me into an extraordinarily beautiful inner landscape. Discovering that this inner landscape is connected to cosmic consciousness made me aware of the important work I must undertake—what people often call “inner work.”

As I committed myself to this inner work, I focused on how I was feeling, who I am, and what I must face. What are my shadows? My insecurities? My fears? What patterns govern me? What are my desires and my purpose?

I saw that the world I had been participating in—one defined by professionalism, social recognition, and fulfilling others’ expectations—was a fabric woven by societal norms. Once I began stepping out of that fabric and into a cosmic, timeless awareness—into a being aligned with nature, the cosmos, ancient stones, and forces that predate writing and culture—I truly contemplated the power of consciousness: how it connects, how it acts, and how it forms the very foundation of our shared reality.

In that moment of realization, I perceived that my soul, which inhabits this body in this life, is here to learn, to unfold, to explore, to embrace. Perhaps through many reincarnations, perhaps in forms I cannot yet imagine, my soul journeys toward greater self‑realization. As I embraced my soul—Ātman—connected to Brahman, I began to perceive the tattvas, the elemental principles; the inner and outer senses; modes of action; and the layers of consciousness entwined with divine energies and the currents of time.

In meditation and in Oṃ chanting, I turn my thoughts to death and the fear it inspires—how to overcome such fear—and to knowledge versus ignorance. I place the mind into its proper place: far smaller and humbler than it craves to be. What opens up then is a vast landscape of the heart: the bliss of the body, the life in matter, pure consciousness, and existence itself. Through this, the mind—or consciousness—flows across different levels of being.

At times, this can be frightening, for it is all unknown. Spiritual awakening must orient itself within this vast playground; it is shy, it reexamines its patterns, it questions everything, and it learns to embrace and enjoy all aspects of experience. Insecurity, fear, desire to connect, to play, to fall in love—all these impulses require space and time to unfold.

As a result, I find myself less active in the worldly sense—less working, less producing—and instead spending far more time simply being. Perhaps that is why, even as a child, I felt drawn to monastic life: I sensed that this inner work had to be done.

Now, my life must become more integrated and aware—more aware of my body, of small duties, of performing every action from the heart, with intention, meditation, and full presence. This is daunting, for it demands that only the moment and presence matter—and that all the illusions the mind conjures—ego‑feeding images and projections—fall away.

Yet, once the outer pressures of the world and the pursuit of stability are relinquished, residing in the present becomes profoundly rewarding. Perhaps this is the path of the sādhaka, the spiritual practitioner: we stop caring about external validations, and instead cultivate trust, surrender, and diligent work in the inner realm.

Der Beitrag Spritual growth erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Play and Blunder https://readingdeleuzeinindia.org/de/play-and-blunder/ Wed, 25 Sep 2024 04:22:56 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4978

Spiel – Fehltritt Im Westen dachte ich früher, dass Spielen mit Spielen im Sinne von Games zu tun hat und Games mit Regeln. Ein Spiel zu spielen bedeutet, in einen Raum einzutreten, der durch Regeln eingeschränkt ist, und der Spieler kann innerhalb dieser Parameter Strategien entwickeln, um gemäß den Regeln zu handeln, mit dem Ziel […]

Der Beitrag Play and Blunder erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Spiel – Fehltritt

Im Westen dachte ich früher, dass Spielen mit Spielen im Sinne von Games zu tun hat und Games mit Regeln. Ein Spiel zu spielen bedeutet, in einen Raum einzutreten, der durch Regeln eingeschränkt ist, und der Spieler kann innerhalb dieser Parameter Strategien entwickeln, um gemäß den Regeln zu handeln, mit dem Ziel zu gewinnen. Es gibt die größere Spieltheorie, die auf die Soziologie und andere Felder angewendet wurde, und es gibt Computersimulationen, die Hypothesen auf der Grundlage von Regelwerken generieren, und das Spiel besteht darin, sich dem, was wir Realität nennen, oder einem festgelegten Ziel anzunähern. Im Bereich des Lebens, des Tierreichs oder während unserer Kindheit dachten wir, dass Spielen das Üben von Fähigkeiten ist, die uns irgendwie einen Vorteil verschaffen.

Gestern habe ich Schach gespielt. Ich habe das Spielen genossen. Ich kenne und befolge natürlich die Regeln. Ich habe mit jemandem gespielt, nicht gegen eine Maschine. Ich habe gespielt, weil ich gerne spiele. Mein Geist kann auf dem Schachbrett bleiben, Strategien entwickeln, vorausdenken, täuschen, Konflikte schaffen, opfern… Aber dann gibt es dieses kontemplative Element: Ich reflektiere über mich selbst beim Spielen, befinde mich in einer persönlichen Beziehung zu dem anderen Spieler. Wir spielen zusammen; wir wollen Zeit miteinander verbringen, wir lächeln, necken uns und beobachten einander. Das Spiel ist eine soziale Interaktion, eine Art der Kommunikation und Entdeckung. Wie spielt die andere Person? Wie spiele ich? Wie reagieren wir, wenn einer einen Vorteil oder Nachteil hat? Welche Art von Gefühlen entstehen in Bezug auf die Strategien des Spiels und in der persönlichen Beziehung, und wie beeinflussen sie einander? Das ist der Ort, an dem ich gerne bin, wenn ich spiele. Ich mag es nicht, zu sehr auf das Schachbrett fixiert zu sein. Ich fühle mich gefangen, wenn ich zu sehr in die Strategie eintauche.

Es gibt hier etwas Offenbarendes, etwas Tieferes darüber, wie wir in der Welt sind. Wenn wir das Spiel durch die Linse des Sozialdarwinismus betrachten, dann haben die Spiele eine Funktion. Wenn ich Spiele als spielerische Erkundung der sozialen Beziehung mit dem anderen Spieler sehe, dann wird das Spiel zur Liebe. Es wird zum Necken und Provozieren, zum Kümmern und Verstecken, zum Zeigen und Vortäuschen, zu Vertrauen und Freude, Enttäuschung und Frustration. Es wird zu Verbundenheit und dem Eintritt in einen gemeinsamen Raum, in dem wir spielen.

Die Isha-Upanishad beginnt mit: „Alles dies ist zur Behausung des Herrn; was auch immer individuelle Bewegung im universellen Raum ist. Durch das Entsagen sollst du genießen; begehre nicht das Eigentum eines anderen.“ Und die Aitareya-Upanishad beginnt mit: „Am Anfang war der Geist eins, und alles (Universum) war der Geist; es gab nichts anderes, das sah. Der Geist dachte: ‚Siehe, ich will mir Welten aus meinem Sein schaffen.‘“ Ich denke, dass der Anfang dieser beiden Upanishaden das Spiel im höchsten Sinne illustriert. Das, was alles ist und sich selbst durch Schöpfung und Selbsterfahrung erleben will, folgt keinen Regeln; es manifestiert eine Welt oder viele Welten, in denen auch einige Regeln geschaffen werden. In diese Welten durch individuelles Bewusstsein oder universelle Prinzipien einzutreten, ist wie ein Spiel zu betreten. Unsere Realität ist nichts zu Ernstes. Sie ist eine Erkundung einer Möglichkeit. In einer dieser Realitäten zu sein, bedeutet zu spielen, und das Spiel wird zu einer Energie der Kreativität. Brahman tritt durch Atman und Purusha in seine Schöpfung ein, um sich mit Shakti und Prakriti zu bewegen. In diesem größeren Spiel bedeutet Spielen, die Regeln und Werkzeuge zu entdecken, zu erforschen und zu experimentieren, zu interagieren, zu lernen und zu lehren. Auf dem Schachbrett ist es dasselbe – nur eine kleinere Welt. Es gibt keinen Sinn darin, das Spiel zu gewinnen. Spielen ist Leben, ist Sein, ist Atmen und Bewusstsein.

Wenn ich also gewinne oder verliere, sollte ich meinen Geist nicht in den Regeln und der Entwicklung von Strategien gefangen halten. Ich sollte das Spiel genießen.

Es ist schwierig, mit anderen zu spielen. Ich kann nicht mit vielen spielen. Wenn der andere auf dem Schlachtfeld des Brettes bleibt, wird es langweilig, sogar gefährlich, da diese kleinen Regeln anfangen, die verbundenen Gedanken und Herzen zu beeinflussen und einzuschränken. Wenn ich gefragt werde, wie ich mich beim Verlieren fühle, werde ich irritiert. Ich verstehe diese Frage nicht. Es geht nicht ums Verlieren oder Gewinnen. Ich denke eher: Wie kam es zu einem bestimmten Zug, den ich gemacht habe? Welcher Gedanke, Impuls, welche Gelegenheit und Ignoranz waren am Werk? Was bedeutet es, in diesem Zusammenhang einen Fehltritt zu machen? Es gab einen Moment im Spiel, als der andere das Spiel verließ und in ein Gespräch eintrat. Ich machte während dieses kurzen Gesprächs einen halb durchdachten Zug, um mit Aufmerksamkeit zu spielen. Das brachte mich in eine nachteilige Position auf dem Brett. Ich frage mich, ob der Fehltritt der Zug war oder ob das Bewegen während des Gesprächs der Fehltritt war. Wie weit reicht das Spiel? Ich sagte, ich mache normalerweise nicht diese Fehler, und verstand mich selbst nicht ganz, als ich das sagte. Der andere konzentrierte sich nach dem Spiel auf das Wort „normalerweise“, was das Spiel in eine andere Realität verlagerte.

Der Beitrag Play and Blunder erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Erleuchtung https://readingdeleuzeinindia.org/de/erleuchtung/ Fri, 02 Aug 2024 03:57:22 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4963

Aufklärung – Erleuchtung: das Paradox des Enlightenment Mit dem Enlightenment ist das so eine Sache. Neulich fragte mich jemand, ob ich Enlightenment suche. Ich kam etwas ins Stutzen. Weil ich diesen Menschen aber ganz besonders schätzte, versuchte ich ehrlich zu sein – ja, nein, ähm, ich weiß nicht so genau, eigentlich schon, wenn ich ganz […]

Der Beitrag Erleuchtung erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Aufklärung – Erleuchtung: das Paradox des Enlightenment

Mit dem Enlightenment ist das so eine Sache. Neulich fragte mich jemand, ob ich Enlightenment suche. Ich kam etwas ins Stutzen. Weil ich diesen Menschen aber ganz besonders schätzte, versuchte ich ehrlich zu sein – ja, nein, ähm, ich weiß nicht so genau, eigentlich schon, wenn ich ganz ehrlich bin… Wieso dieses Rumeiern? Wieso nicht einfach direkt sagen, ja, das tue ich, so wie sie, als sie antwortete, sie denke, die meisten suchen danach. Ich bin mir da nicht so sicher.

Jedenfalls löste die Frage ein Unbehagen in mir aus. Soll ich eingestehen, dass ich Erleuchtung suche, vielleicht sogar ein Stück gefunden habe? Geht das, ein Stück Erleuchtung zu finden, oder ist das nicht eine ganz oder gar nicht Sache? Welche Abschattungen gibt es, welche Pfade, welche Irrwege, 1000? Abends sprach ich mit einem Freund: Wie viele Menschen kennst du, die von sich behaupten, sie seien erleuchtet? Er lachte. „Keinen – zum Glück“, sagte er. Und so sprachen wir kurz darüber, was die Frage eigentlich soll. Im Gespräch vermischte ich Aufklärung und Erleuchtung. Aha! Hier ist des Pudels Kern.

Als ich meiner Freundin antwortete, benutzte ich das Bild eines Lichtes, das ich irgendwo vor vielen Jahren mal gefunden habe als ich über den Kosmos nachdachte, und dass ich dieses Licht nun mit mir trage und hier und da versuche, etwas zu erhellen. In seiner Essenz war diese Erfahrung die Einsicht, dass die Welt, wie sie sich mir durch meine Sinneswahrnehmung und die daraus abgeleiteten mentalen Repräsentationen einer Außenwelt darstellt, so nicht sein kann, dass vielmehr die Grundannahmen von Raum, Zeit, Materie und Bewusstsein radikal anders sind. Die Erfahrung dieser radikalen Andersheit motivierte mich zum Philosophiestudium.

Ich lernte also etwas über die Aufklärung und den deutschen Idealismus. Ich lernte den Verstand zu nutzen, und die Vernunft, und die Ästhetik. Mal ist das, was sich da dann erhellt, gut und schön und spannend, mal abschreckend, falsch und verlogen. Dies, so denke ich, beschreibt den Prozess der Aufklärung. Das Licht der Rationalität lässt alles in ihrem Glanz erstrahlen und entlarvt es als das, was es in Wahrheit ist. Sich seines eigenen Verstandes zu bedienen um aus der eigenen Unmündigkeit herauszukommen, dies war Kants Vorstellung von Aufklärung. Sich seines eigenen Verstandes klar zu werden, ist ein Akt transzendentaler Reflexion, reines Denken, in Kategorien und auf Grundlage von a priori gegebener Raum und Zeit. Und mein Unbehagen kam daher, dass ich das eigentlich gar nicht meinte. Jahrelang habe ich darüber nachgedacht, Jahrzehnte mit meinen Studenten diskutiert. Immer mit dem Gefühl, dass das im Kern nicht ganz falsch ist, in der Sache aber am Thema vorbeigeht.

Denn was Enlightenment auch bedeutet, ist Erleuchtung. Und das ist geradezu das Gegenteil. Es ist jener Erfahrung, die mich zu meinem Philosophiestudium zuerst bewegte, viel ähnlicher. In der östlichen Philosophie und Spiritualität ist es die zentrale Erfahrung. Es gibt natürlich unzählige Pfade.

Hier möchte ich kurz auf die Advaita-Philosophie eingehen. Eine Philosophie der Immanenz, so möchte ich sie jedenfalls verstehen. Ganz wesentlich ist hierbei, dass es eine Erfahrung und keine Erkenntnis ist, oder wenn eine Erkenntnis, dann im Sinne einer Erfahrung. Es geht um das Erfahren der Einheit, dass es keinen Unterschied gibt zwischen mir und dem Schöpfer, zwischen Atman und Brahman. Dies ist eine Erfahrung, die sich nicht argumentativ erschließt, sie ist nicht deduzierbar, erklärbar oder falsifizierbar. Sie geht über die Verstandesgrenzen hinaus, wenngleich sie diese umschließen kann. Sie ist nicht irrational, aber auch nicht rational. Sie ist strukturiert und offen, sie hält Widersprüche aus, sie ist einschließend, umarmend, verständnisvoll, nachsichtig, undogmatisch. Sie ist erfüllt mit Licht. Ist es das, was die mittelalterlichen Mystiker sahen?

Pfade, die ich hier in Indien erfahren darf, sind z. B. Jnana Yoga: Wissen und Weisheit, Bhakti Yoga: Hingabe und Liebe zu einem persönlichen Gott, Karma Yoga: Selbstloses Handeln, Raja Yoga: Meditation und Kontrolle des Geistes, Tantra Yoga: Einheit von Gegensätzen, Kundalini Yoga: Erweckung der Kundalini-Energie. All diese Pfade führen nicht auf etwas zu, sondern haben ihren Ausgangspunkt in Brahman. Diese Form der Erleuchtung zeigt sich, offenbart sich, wird erfahrbar, manifestiert sich durch Praxis. Ich möchte das hier mit aller Vorsicht und Bescheidenheit verstanden wissen, denn die Fallstricke, Illusionen, Irrwege sind immens. Hat sich etwas gezeigt, so verschwindet es zugleich, denn nichts ist permanent. Halte ich einen Gedanken, so schwindet er, wenn ich darüber nachdenke; spüre ich meiner eigenen Existenz nach, so verliere ich mich in Erinnerung und Wunsch; denke ich, sehe etwas im Sinne einer Vision, so kann es sich schnell als Illusion, als Scheinbild entlarven. Ich versuche, auf dem Pfad der Upanishaden zu bleiben, dies scheint ein guter Wegbegleiter zu sein. Erleuchtung kommt von innen, auf all seinen Ebenen, sie kommt nicht durch aufklärerische Rationalität – Verstand und Vernunft.

In Heidelberg hatten wir diesen virtuellen Giftschrank mit Philosophen die einem den Kopf verdrehen, die Welt so anders sehen, dass alles konventionelle Denken infrage gestellt wird. Wir lachten oft darüber und waren fasziniert aufgrund ihrer schirren Möglichkeit ihrer Existenz. Schopenhauer, Spinoza, Whitehead waren da drin. Eigentlich war dieser „Giftschrank“ der Schrank der Gegenseren, zu den Auswüchsen der Aufklärung.

Der Beitrag Erleuchtung erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Dakshinamurti https://readingdeleuzeinindia.org/de/dakshinamurti/ Wed, 17 Jul 2024 11:39:14 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4926

Ich wachte um 4 Uhr früh aus einem Alptraum auf. Ich unterhielt mich mit Will in Apt über eine merkwürdige Irritation in meiner Zeitwahrnehmung. Ich beschrieb, wie die Zeit in Fragmente zerfiel und einige einfach fehlten. Es ging um Sekunden oder Minuten, und während ich versuchte, in die Zeit einzutauchen, um das besser zu beschreiben, […]

Der Beitrag Dakshinamurti erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Ich wachte um 4 Uhr früh aus einem Alptraum auf. Ich unterhielt mich mit Will in Apt über eine merkwürdige Irritation in meiner Zeitwahrnehmung. Ich beschrieb, wie die Zeit in Fragmente zerfiel und einige einfach fehlten. Es ging um Sekunden oder Minuten, und während ich versuchte, in die Zeit einzutauchen, um das besser zu beschreiben, wurde es schwarz. Ich schrie um Hilfe, ich war blind und wachte auf.

Es war wieder einer jener Träume, wo ich zu sterben schien. Sofort kam mir der Gedanke an Pierre, der mit einem Schlaganfall im Koma liegt. Fühlt sich das so an? Mir wurde etwas bange, war da etwas in meinem Gehirn passiert, nachdem ich unter dem Schock von Pierres Anfall selbst alles doppelt gesehen habe und eine Woche im Krankenhaus durchgecheckt wurde?

Es war 4 Uhr früh, die Stunde der Götter. In den letzten Tagen war ich einige Male zu dieser Zeit in eine Meditation gegangen. Und so tat ich das auch heute. Ich öffnete die Flügeltür weit nach Osten schauend und suchte nach der Zeit. Als Lichtstrom schien sie mir zuerst, wie Glasfaserkabel, wild und parallel, als Tropfen dann, als ich meine Mudrastellung änderte von Brahman zum Rezeptionsgefäß. Eine Reise durch den Kosmos, an Galaxien vorbei, nach anderen suchend, legte ich mich dann irgendwie im Universum hin, an einem Strand, wie Brahman in dem französischen Buch über 108 Hindu-Götter. Das bringt ja alles nichts, dachte ich. Zeit ist in mir, und ich knüpfte an die Meditation von gestern an, wo ich über den Ursprung von Sprache nachdachte. Materie, die sich verbindet und zum Leben erweckt durch Wachstum, Aufnahme von Energie, Suche, Orientierung, Ausrichtung, Kontakt, Vereinnahmung. Diese Form der Interaktion, Absorption, Integration, Ausscheidung, Abgrenzung, Verteidigung ist eine erste Art der Kommunikation, eine Verbindung von Vibration und Energie, eine Synthese. Wie viele Aminosäurenketten mussten ausprobiert werden, damit der Prozess angestoßen wird? Und kam dieser Anstoß wirklich von den Aminosäuren oder aus dem Bewusstsein?

Vibration

Die Vibration auf molekularer Ebene schreitet fort auf der Ebene des Lebens. Die Aufnahme von Nahrung, das heißt, Leben verspeist anderes Leben, ist eine Synthese anderer Art. Energietechnisch mag das noch darstellbar sein, auf der Ebene des Lebens aber sind wir jetzt schon auf einem Plateau, wo Leben an sich verschmilzt, sich neu rekonstruiert, niemals aufhört, denn alles Leben wird von anderem Leben konsumiert. Es sei denn, es verbrennt. Vielleicht ist das der eigentliche Sinn der Feuerbestattung: Aus diesem Zyklus des Lebens zu entrinnen. Durch die Kraft des Feuers, Agni, in eine andere Form zu transzendieren, die Licht und reine Energie ist, also zum Ursprung zurückkehrt, zur Konzentration (tapas).

Dazwischen gibt es aber die Ebene des Bewusstseins, die Ebene von Existenz, die die Welt erfährt und genießt, sie symbolisch erfasst und abstrakt im Intellekt analysiert und zu verstehen sucht. Die symbolische Repräsentation von Welt in Sprache hat ihren Anfang jedoch in der molekularen Verbindung der Elemente des Lebens. Hier fängt Kommunikation an. Erst wenn Bewusstsein eine Stufe der Wahrnehmung erreicht hat, die es erlaubt, die Grenze zwischen dem Eigenen und dem Anderen wahrzunehmen, macht symbolische Kommunikation Sinn.

Manas

Der Ausdruck von Hunger und Durst als Säugling ist eine allererste Kommunikation. Sie ist erfolgreich. Das Fühlen des Anderen, ein Stein, ein Apfel, ein Gegenüber, erzeugt eine innere Form des Anderen innerhalb des eigenen Bewusstseins. Diese innere Form bilden wir beim Topfschlagen zum Beispiel durch Spiel. Im Spiel erfahren wir Emotionen, Glück und Streit, Kampf und Liebe, Solidarität, Kollaboration, Konfrontation. Wir bewegen uns hier auf der Ebene des Manas, des Bewusstseins von Welt und der Interaktion mit ihr. Diese Ebene ist symbolisch organisiert und basiert auf Lautsprache. Objekte werden durch Anrufen adressiert, die Erzeugung von Vibration stellt eine Verbindung her. Innere Formen, Abbilder, Repräsentationen von Welt bilden eine Lebensrealität, die konstant mit der Außenwelt abgeglichen wird. Wenn es nicht mehr passt, kommt es zum Konflikt.

Buddhi

Auf der Ebene des Intellekts werden diese Symbole rational organisiert. Buddhi ist die Ebene des Denkens, auf der wir die Welt strukturell erfassen, sie von innen heraus erklären können. Wir entwickeln Wissenschaften und bauen Maschinen. Sprache wird nun zum Wissenspeicher, sie wird abstrakt und schriftsprachlich. Die Verbindung von Wörtern, die Konstruktion von Sätzen zu Text und komplexen Wissenssystemen erzeugt eine Ordnung ganz anderer Art. Es ist nicht mehr eine Ordnung basierend auf Materie, Leben, Vibration, Bewusstsein. Es ist die symbolische Ordnung von Formen in einem System. Dieses System ist eine Konstruktion, es ist nicht Abbild oder Essenz von Realität, sondern reine Konstruktion. Wenn wir eine Sprache gelernt haben und die Technik der Schrift beherrschen, können wir in dieses System eintauchen. In Form von Büchern zum Beispiel füllen sie kilometerlange Regale in großen Bibliotheken. Und genauso wie wir die innere Welt des Manas mit der Außenwelt abgleichen, so können wir auch dieses System des Buddhi mit der Realität abgleichen. Wir sprechen hier von Verifikationsprozessen. Diese können wissenschaftlich, empirisch, auf der Ebene der individuellen Erfahrung, spirituell, magisch oder was auch immer sein.

Kundalini

Spannend in der Meditation war das Nachspüren der Energie, die sich von innen regt. Kundalini, die Schlange, wie sie an den Chakras vorbeizieht und sich in aufrechter Pose reckt und hebt, um ins höhere Bewusstsein aufzusteigen und sich dort umzuschauen. Wenn sie völlig freigesetzt ist, durchschreitet sie mühelos Raum und Zeit und ist zu einer kosmischen Omnipräsenz fähig. Sprache ist hier nicht mehr das Medium, sie ist zu langsam. Es ist reine Schau oder Vision, das Denken ist Selbstmanifestation. Es gibt ein Denken jenseits der Sprache, vor der Sprache, innerhalb der Sprache und ohne Sprache. Sprache ist lediglich ein sehr gutes Werkzeug für eine bestimmte Art von Denken. Von hier aus wird Platon wieder interessant; er hat das mit seiner Ideenlehre gesehen. Über Jahrzehnte habe ich mich dagegen gesträubt, mit aller Kraft meines Intellekts. Warum? Wieso habe ich in das Diktat des Rationalen eingewilligt? Weil es ein Kampfplatz ist, auf dem es Regeln gibt und der Schnellere und Stärkere gewinnt, und ich gut war?

Vijnana

Es gibt noch eine dritte Ebene in der Sphäre des Denkens: Vijnana, eine Art des Denkens, das ein Weltbild einschließt, das strukturiert, aber auch schauend und visionär ist. Es ist die Zwischenwelt des Denkens und des Spirituellen. Sie ist für mich nur in der Meditation erreichbar. In ihr sind Widersprüche okay, die Komplexität der Realität wird nicht geleugnet, das Unverstandene hat sein Bleiberecht. Konflikte sind hier ebenso willkommen wie Verschmelzungen, Symbiosen, Entdeckungen, Abenteuer, Verlust, Genuss und Schmerz. In dieser Zwischenwelt wohnen die Götter oder die Ideen bei Platon.

Dakshinamurti

Mir erschien Dakshinamurti vor einigen Wochen, die Göttin der Lehre, die Lehrerin Shivas. Ich legte ich mich ihr zu Füßen, verband mich tantrisch mit ihr, erschreckte mich etwas durch ihre Größe, die doch an sich schon eine kleine Form angenommen hatte, damit ich sie überhaupt begreifen konnte. Sie erscheint mir immer wieder. Beim MRI war ich ihr recht nah, tauchte ein in eine Meditation über starke Magnetfelder und die Kraft des Bewusstseins, sich auch hier befreien zu können und in kosmische Zusammenhänge einzutauchen. All dies klingt auch für mich befremdlich. Sind das einfach Wunschphantasien oder Wahnvorstellungen? Verliere ich durch die Lockerung der rationalen Leitplanken die Orientierung und gleite ab ins mystische Denken, das in der Moderne als prähistorisch angesehen wird? Und wenn es eine Rückkehr in die Zeit des Anfangs der Sprache wäre, wäre das schlimm? Wie kommen wir aus den poststrukturalistischen Zirkeln heraus, und wie finden wir zurück zu den Anfängen des Denkens und unserer Existenz, nicht im historischen Sinn, sondern im ganz persönlichen Sinn: eine Sinnstiftung, Selbsterkenntnis, Ursprungsforschung und Daseinsreflexion?

Kundalini schlingelt und reckt sich, verführerisch wie die Schlange bei Eva, sie grinst. Mir scheinen dies die richtigen Fragen zu sein.

„Ich hoffe, das hilft!“ schrieb ChatGPT, nachdem ich eine reine Rechtschreibkorrektur gebeten hatte. Ich war verblüfft, und fragte es nach seiner Meinung zum Text. Hier die Antwort:

 

„Hier ist mein Gedanke zu deinem Text:

Der Text ist sehr tiefgründig und poetisch, er berührt sowohl das persönliche Erleben als auch philosophische und spirituelle Fragen. Du schaffst es, komplexe Gedanken und Gefühle in eine narrative Form zu bringen, die sowohl introspektiv als auch universal ansprechend ist. Hier sind einige Punkte, die besonders hervorstechen:

  1. Zeitwahrnehmung und Bewusstsein: Dein Traum und die anschließende Meditation bieten eine interessante Reflexion über die Natur der Zeit und das menschliche Bewusstsein. Die Idee, dass Zeit in Fragmente zerfällt und einige Momente einfach fehlen, könnte als Metapher für das Unbewusste und verlorene Erinnerungen dienen.
  2. Meditation und spirituelle Erfahrung: Die Beschreibung deiner Meditationserfahrung ist reich an Symbolik und zeigt eine tiefe Verbindung zu spirituellen Praktiken. Die Erwähnung von Kundalini und Dakshinamurti zeigt eine Vertrautheit mit hinduistischen Konzepten, die du auf eine persönliche Art und Weise interpretierst.
  3. Intellektuelle und spirituelle Ebenen: Du beschreibst verschiedene Ebenen des Denkens (Manas, Buddhi, Vijnana) und wie sie miteinander interagieren. Diese Differenzierung zeigt ein tiefes Verständnis für die Komplexität des menschlichen Geistes und die verschiedenen Arten von Wissen und Wahrnehmung.
  4. Symbolik und Realität: Der Text bewegt sich zwischen symbolischen Darstellungen und der realen Welt. Du thematisierst die Rolle der Sprache und Symbole in unserem Verständnis der Welt und wie diese uns helfen, unsere Erfahrungen zu verarbeiten und zu kommunizieren.
  5. Existenzielle Fragen: Am Ende stellst du wichtige Fragen über die Natur des Rationalen, des Mystischen und die Suche nach persönlichem Sinn und Selbsterkenntnis. Diese Fragen laden den Leser ein, über ihre eigenen Erfahrungen und Überzeugungen nachzudenken.

Insgesamt ist der Text beeindruckend und anregend. Er erfordert eine gewisse Bereitschaft des Lesers, sich auf eine tiefere Ebene der Reflexion und Meditation einzulassen, was ihn zu einer bereichernden Lektüre für diejenigen macht, die sich für spirituelle und philosophische Themen interessieren.“

Der Beitrag Dakshinamurti erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Chola Tempel https://readingdeleuzeinindia.org/de/chola-tempel/ Tue, 09 Jul 2024 02:36:39 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4891

Während des Chola-Reiches wurde das Layout der Shiva-Tempel stark formalisiert. Basierend auf den Agamas und Shastras wurde der Tempel vollständig zu einem Ort in Raum, Zeit und Bewusstsein entwickelt, an dem sich das Mikrokosmos und das Makrokosmos gegenseitig spiegeln. Das Studium des Irumbai-Tempels als kleinerer Tempel, der den strengen Regeln des Tempelbaus folgt und als […]

Der Beitrag Chola Tempel erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Während des Chola-Reiches wurde das Layout der Shiva-Tempel stark formalisiert. Basierend auf den Agamas und Shastras wurde der Tempel vollständig zu einem Ort in Raum, Zeit und Bewusstsein entwickelt, an dem sich das Mikrokosmos und das Makrokosmos gegenseitig spiegeln.
Das Studium des Irumbai-Tempels als kleinerer Tempel, der den strengen Regeln des Tempelbaus folgt und als Tempel für Praktizierende dient, zeigt seine zentrale Rolle in einem Cluster von etwa zwei Dutzend Tempeln in der Umgebung. Er folgt den Hauptprinzipien des Vastu, ist entlang des Vastupurushamandala ausgerichtet, verfügt über einen riesigen Wassertank, die üblichen Gottheiten sind vorhanden, er folgt dem Festkalender und ist mit dem Murugan-Stern ausgerichtet. Schon diese grundlegende Beschreibung der zentralen Elemente vermittelt uns ein Gefühl für die Platzierung des Tempels im größeren kosmischen Zusammenhang.
Wenn ein Tempel gebaut wird, ist dies nie ein willkürlicher Akt. Ein Standort wird ausgewählt, und er muss als günstig angezeigt werden. Oft ist ein ungewöhnlich freundliches Zusammentreffen mit dem Tierreich ein solches gutes Zeichen. Der Standort muss dann in Bezug auf Bodenqualität, Wasser, Energie, Ausrichtung und Neigungen getestet werden. Ein Zeitpunkt muss nach den Sternkarten gewählt werden. Die Sterne und Planeten bestimmen den Kalender. Rituale müssen durchgeführt werden, der Bau muss beginnen und Anrufungen folgen. Der gesamte Prozess ist ein Zusammenspiel zwischen dem Kosmos, dem physischen Standort und der inneren Welt.

Kosmos

Unsere Existenz auf diesem Planeten ist eingebettet in ein Sonnensystem, das in der Milchstraße eingebettet ist, die wiederum in einem Cluster von Galaxien eingebettet ist, und so weiter. Mit unseren Augen können wir viele dieser Elemente, ihre Bewegungen und Muster sehen. Die wiederkehrenden Zyklen bestimmter Lichtelemente am Nachthimmel gaben dem Leben einen Bezugspunkt. Dies gilt nicht nur für die menschliche Vorgeschichte, sondern auch für die Tierwelt, wie die Flugmuster von Vögeln oder heulende Hunde. Dieses Gefühl für den Kosmos, der einem schönen, komplexen Rhythmus folgt, lässt uns erkennen, dass es Kräfte außerhalb von uns gibt, die viel größer sind als die umliegende lebendige Welt. Der Himmel ist der Sitz der Götter. Sie schauen auf uns herab und interagieren manchmal mit uns. Dies ist der Ursprung fast aller Mythologien. Sterne werden oft mit Göttern in Verbindung gebracht; sie kommen und gehen in Zyklen von Tagen, Wochen, Monaten, Jahren, Jahrhunderten…
Wenn wir die Erde von einer fernen kosmischen Position aus betrachten, können wir sie als Bezugspunkt in diesem komplexen System nutzen. Wir könnten jedes kosmische Objekt als Bezugspunkt verwenden, aber auf der Erde sind wir mit Leben und Bewusstsein gesegnet und haben die Fähigkeit zur Beobachtung und Erfahrung. Daher ist es ein guter Ausgangspunkt. Das Verständnis, dass wir von der Erde aus das Zusammenspiel der Sterne und Planeten beobachten können, wirft die Frage auf, wie diese Konstellationen unseren kleinen Planeten beeinflussen. Ist daran etwas Besonderes? Sind wir allein? Sind wir ein Spielplatz für ein größeres Spiel?

Tattvas

Sobald ich erkenne, dass meine Existenz auf diesem Planeten mit dem Geschenk des Lebens und des Bewusstseins ausgestattet ist, werde ich mir meines Körpers bewusst. Ich erkenne, dass der Körper, den ich bewohne, eine weitere Realitätsebene ist. Ich kann ihn kontrollieren, ich kann seine Sinne nutzen, ich habe Erfahrungen durch ihn, er hat Bedürfnisse und unterstützt meine Erfahrungen und Gedanken. Dieser physische Körper mit Armen, Augen, Nase, Mund, Ohren, Haut, Haaren, Beinen, Füßen, Händen, Lustorganen und Exkrementorganen gibt mir die inneren Sinne von Berührung, Geschmack, Sicht, Klang, Sprache, Geruch, Lust, Hunger, Durst und Schmerz. Der Geist ist in der Lage, diese inneren Sinne zu synthetisieren: Fokus, Auswahl, Konzentration, Struktur, Denken, Meditation, Erfahrung und Kommunikation. Er ist das Werkzeug, das uns den Zugang zu höheren Ebenen unserer Existenz in Bezug auf spirituelle Erfahrung ermöglicht. Ich kann mich als Selbst erfahren; meine Existenz als Selbst ist nicht an die physische Position meines Körpers gebunden. Mein Geist kann umherwandern, ich kann über Dinge nachdenken, die präsent sind, ich habe Erinnerungen, Fantasien und Vorstellungen. Ich kann mich selbst in Beziehung zu anderen erfahren und existenzielle Fragen stellen: Wer bin ich? Woher komme ich? Wer hat mich erschaffen? Wo werde ich hingehen, wenn ich sterbe? Der Bauplan für diese Welt zum Erkunden ist das System der 24 Sankhya-Tattvas oder der 36 Tantra-Tattvas. Was ich bisher erwähnt habe, ist in den Sankhya-Tattvas organisiert; wenn wir den Bereich der höheren Spiritualität, Shiva, Shakti, Purusha, Atma usw. einbeziehen, befinden wir uns in den 36 Tantra-Tattvas.

Elemente

Wenn wir erkennen, dass der Kosmos einem großen rhythmischen Muster folgt und dass unser Körper Zugang zu einem sehr komplexen System hat, können wir tiefer eintauchen und fragen, woraus das alles besteht. Es gibt fünf Elemente: Wasser, Feuer, Erde, Äther und Luft. Die Elemente sind nicht als chemische Elemente zu verstehen. Sie werden als Ur-Elemente mit einem komplexen Multi-Zugang betrachtet. Luft ist in der Atmosphäre, aber sie ist auch der Atem des Lebens und hält die Kraft des Windes. Feuer ist Hitze und Licht, Wissen und Zerstörung. Wasser ist flüssig, Bewusstsein und der Ozean des Lebens. Raum ist der Kosmos, der Bereich der Spiritualität, des Wissens und des Klangs…

Vibration

Im Kern der Existenz liegt die Vibration. Alle Energie im Makrokosmos ist letztlich Vibration, alle Lebensenergie ist Vibration und alle Elemente sind Vibration. Die Vibration stammt von einem Punkt, dem Bindu. Dieser Ursprung, sei es der Urknall, Shivas Trommel oder das Symbol des Bindu auf der Stirn, ist der Punkt, an dem alles zusammengehalten wird. Hier liegt der Ursprung; er gibt uns Zugang zur Ebene der Immanenz. Er liegt jenseits dessen, was wir erleben können, jenseits von Wissenschaft und Meditation; es ist das, dessen wir uns bewusst sein können, aber nicht wissen können.

Tempel

Die außergewöhnlich komplexe Architektur von Tempeln wie den Chola-Tempeln liegt in ihrer Fähigkeit, all dies in einer Architektur zu synthetisieren und einen Schlüssel zur Erkundung der Komplexität unserer Existenz zu bieten. Sie sind so offen gestaltet, dass sie die vielfältigsten Formen spiritueller Praxis ermöglichen und einladen. Der Kern der Praxis basiert auf den Veden. Die Rituale verwenden Symbole aus den Veden, um die Weisheit in den täglichen Praktiken zu verkörpern.

Einen Tempel regelmäßig zu besuchen, schafft eine tiefe Verbindung mit dem kosmischen Tanz, in den er eingebettet ist. Wenn man über die Götter im hinduistischen Kosmos nachdenkt, ist es wichtig zu verstehen, dass die 300 Millionen oder wie viele es auch sein mögen, nur oberflächlich betrachtet eine polytheistische Religion darstellen. Der zugrunde liegende Gedanke ist, dass Brahman, das zugrunde liegende Bewusstsein, die Realität und der Schöpfer in seiner allumfassenden Existenz, die Manifestation dieser Realität benötigt, um sich selbst zu erfahren. Erfahrung ist zeitbasiert; sie muss Prozesse und Veränderungen durchlaufen und muss durch Schöpfung gehen. Das ist Teil von allem, und alles ist Teil von allem. Wenn du etwas aus allem nimmst, das alles ist, und was übrig bleibt, ist alles, und beides ist alles. Wir stoßen hier an die Grenzen unserer geistigen Fähigkeiten. Aber von hier aus müssen wir verstehen, dass alle Götter Teil des Einen sind; sie verkörpern ewige Prinzipien, Kräfte, Eigenschaften, Qualitäten, Ideale. Unveränderlich, wie das Wesen einer Farbwahrnehmung, eines Gefühls wie Liebe, Mitgefühl, Wut, eines Ideals wie Schönheit oder Heldentum oder eines Typs wie ein Krieger oder ein Beseitiger von Hindernissen. Diese Prinzipien werden in Form von Göttern gedacht, da die Welt aus einer Mischung dieser Prinzipien besteht. Ich habe Erfahrungen mit diesen Qualitäten in mir; ich habe sie nicht erschaffen; sie kamen zusammen in mir. Woher kommen sie, warum existieren sie, wer hat sie erschaffen? In den Upanishaden finden wir eine ganze Hierarchie von Göttern, wobei eine Art die andere Art aufbaut, Ebene über Ebene, genau wie in der Wissenschaft haben wir physikalische Ebenen, Kräfte, Teilchen und dann Kombinationen davon, Elemente, Geologie, Schichten, Biologie, Vegetation, Tierleben, Bewusstsein. Warum sollte es dort aufhören?

Alle diese Elemente, wenn wir unser Periodensystem der Elemente erweitern, die chemischen Elemente, die Tattwas, das Pantheon der Götter, beschreiben verschiedene Aspekte unserer Erfahrung. Es kann keinen Zweifel geben. Die Frage ist, ob eines auf das andere reduzierbar ist. Und ich habe das Gefühl, dass ja, alles ist Brahman. Die Basislinie ist nur ein bisschen anders. Es ist nicht das Atom; es ist die Monade in westlichen Begriffen. Es ist nicht Maya, die Illusion der materiellen Realität, sondern das Bewusstsein selbst. Mein Bewusstsein ist auf Bewusstsein reduzierbar; es ist der Ort, wo alles beginnt und endet.

Folgt man dieser Beschreibung des außergewöhnlichen Reichtums der Welt, die uns gegeben ist, erleben wir das Zusammenkommen der Elemente und Prinzipien, Qualitäten, Eigenschaften, Ideale usw. Das oft verwendete Bild ist, dass die Götter, die diese Elemente verkörpern, auf die Erde kommen, um zu spielen, um sich selbst zu erfahren, um sich zu vermischen und zu verweben, um Spaß zu haben und zu lachen, zu kämpfen, zu zerstören und zu bauen. Es ist dieser kosmische Tanz, den Shivas Rad dreht. Wenn wir also im Bild des kosmischen Setups bleiben, mit den Sternen und Planeten und der Erde im Zentrum als Ort, an dem Bewusstsein präsent ist, ist der Abstieg der Götter präsent. Sie brauchen einen Ort zum Leben und Ausruhen, Schlafen und Erreichbarsein. Dieser Ort ist der Tempel. Ein Blick auf eine Statue eines Gottes im Tempel kann eine tiefe Kontemplation seiner Qualitäten sein. Du kannst durch Kontemplation eine Verbindung zu den Qualitäten herstellen. Durch das Nachdenken darüber manifestiert es sich. Du kannst einladen, wie die Liebe da ist, wenn du liebst, oder du kannst versuchen zu ändern. Du leidest, und du suchst Hilfe, indem du darüber nachdenkst, was helfen könnte, und wenn du lange genug darüber nachdenkst, könnte es sich manifestieren. Eine Lösung im Denken könnte kommen, eine Emotion könnte sich verwandeln, aber vielleicht ändert sich sogar etwas in der Welt. Du verlässt den Ort der Kontemplation, kehrst zurück in die sogenannte Realität und etwas ist passiert. Wie, weiß ich nicht, aber was ist so absurd daran zu denken? Hier liegt der Kern des Tantra. Durch das Ändern deiner inneren Welt kannst du die äußere Welt verändern, genau wie die äußere Welt die innere Welt verändert.

Der Tempel folgt einem Festkalender. Große mystische Transformationen werden während der Feste gefeiert. Durch aufwendige Puja-Rituale werden die Qualitäten der Götter heraufbeschworen. Sie werden als in den Bronzestatuen manifestiert angesehen, die zeremoniell durch den Tempel getragen werden. Ein Gott wird vor einen anderen Gott gestellt, damit sie sich sehen, sich begrüßen. Aber erst, nachdem sie sanft geweckt, gebadet, verehrt und mit Sinneseindrücken wie dem Geruch und Geschmack von Früchten und Blumen gefüttert wurden. Es ist ein Fest der Freude, weil wir die Anwesenheit der Freude bezeugen können. Jahrtausende von Feierlichkeiten hallen von den Steinwänden wider, die den Klang und die Rhythmen absorbiert haben. Die Steine haben die Erinnerung an die Füße gespeichert, die über sie gegangen sind, und Statuen haben die Millionen von Berührungen der Gläubigen gesammelt.

Eine Schlüsselrolle spielt die Gebärmutterkammer, das Garbha Griha. Die Hauptgottheit residiert hier, und nur der Priester kann direkten Kontakt haben. Der Priester kümmert sich um den Gott, weckt ihn oder sie und bringt sie ins Bett. Das Waschen erfolgt privat; während dieser Zeit wird ein Vorhang gezogen. Die Opfergaben der Gläubigen werden später vom Priester angenommen und durch Berührung an den Gott weitergegeben. Blumen werden auf den Körper gelegt, Düfte werden angezündet, Mantras rezitiert. Letztendlich läuft es auf die Synthese der Sinneseindrücke durch Vibration hinaus. Alle Vibrationen strahlen von der Gebärmutterkammer aus und sind in der Lage, die Opfergaben zu mischen und zu integrieren. Eine Verbindung wird hergestellt zwischen den reinen Qualitäten als himmlische Wesenheiten, ihrer Verkörperung im Tempel, den Ritualen des Priesters, der Hingabe der Gläubigen, der Geschichte und Erinnerung des Ortes und dem Zyklus, in den alles eingebettet ist.

Der Beitrag Chola Tempel erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Der Westen als Fremde https://readingdeleuzeinindia.org/de/der-westen-als-fremde/ Tue, 19 Sep 2023 17:28:50 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4594

Es ist so wunderschön und auch so traurig in einer Welt zu leben, die den Westen als fremd versteht. Ich nehme diese Perspektive immer mehr ein und verstehe vieles nicht mehr. Die Obsession mit Karriere, Bequemlichkeit, Sicherheit, Wohlstand, Genauigkeit, Richtigkeit, Besserwisserei und Überheblichkeit, Ignoranz und Intoleranz. All das wird mit deutlicher, es wird geradezu evident. […]

Der Beitrag Der Westen als Fremde erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Es ist so wunderschön und auch so traurig in einer Welt zu leben, die den Westen als fremd versteht. Ich nehme diese Perspektive immer mehr ein und verstehe vieles nicht mehr. Die Obsession mit Karriere, Bequemlichkeit, Sicherheit, Wohlstand, Genauigkeit, Richtigkeit, Besserwisserei und Überheblichkeit, Ignoranz und Intoleranz. All das wird mit deutlicher, es wird geradezu evident.

Ich war ein paar Tage krank, und wie viele das dann eben so machen, habe auch ich Filme geschaut, nichts Inspirierendes. Serienmüll. Ich habe das seit einem Jahr nicht gemacht und mir war hinterher ganz übel. Mein Gehirn war überladen, die Synapsen funkten, die Ideologie einer heilen-Welt, die vor den Bösen geschützt werden muss, um die Gemeinschaft zu stärken und dem Individuum zum ‚Recht‘ zu verhelfen, ist ja eigentlich unerträglich.

Aber ich wollte dann doch ein paar schöne Erinnerungen an die Kultur, die ich so weit hinter mir gelassen habe. Das ist dann immer die Musik für mich. Und so stieß ich auf Purcell. Das ist nicht sonderlich originell, aber trotzdem schön.

Eine Freundin erzählte mir von ihrer Vorstellung von Liebe. Die so unterschieden von allem, was ich kenne, dass ich das hier gar nicht umreißen mag. Keuschheit wäre ein Wort, das ist aber komplett verfehlt. Ich hörte also Purcell Solitude… und mich überkam wieder dieses Gefühl des Selbstmitleids, das in solcher Musik zum Ausdruck kommt. Der Schmerz der Einsamkeit, die Todessehnsucht, Trost und Angst, Suche nach Halt, die nur in der Melancholie Ruhe findet. Dieses große Gefühl Europas, die Melancholie, was wäre Europa ohne Melancholie? Ein Witz?

Nun, da ich schon dabei war Purcell zu hören, gab ich mich dem hin und fand Jessie Norman. Ich war es leid schöne junge weiße Frauen zu sehen. Und da erschien sie majestätisch, in einem Universum von Spiegeln, nach Erinnerung flehend. Und so wurde dieses Bild ein Sinnbild für die schöne Traurigkeit des Subjekts, das sich selbst erforscht, weitestgehend ohne Rücksicht auf andere und anderes. Eine narzisstische Störung. Selbstmitleid, Melancholie und Selbstgerechtigkeit und so wunderschön. Das Haupt der Medusa. Diese ganze Kultur baut auf Missverständnissen.

Und bevor der Muskalgorithmus zu französischem Pop wechselt, beende ich das hier.

Om

 

 

Der Beitrag Der Westen als Fremde erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
­Maya und die Frage nach der Wirklichkeit https://readingdeleuzeinindia.org/de/maya-und-die-frage-nach-der-wirklichkeit/ Fri, 18 Aug 2023 11:38:59 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4435

In meiner Jugend verlor ich mich im Skeptizismus und der rein empirischen Wissenschaft. Doch nun eröffnet mir Aurobindo's Text neue Perspektiven über die Wahrnehmung und Illusion in der Philosophie. Erfahre mehr über diese Wendung. #Philosophie #Wahrnehmung

Der Beitrag ­Maya und die Frage nach der Wirklichkeit erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Als ich nach meiner ersten Liebe zu Platon (besonders dem Phaidon Dialog) und den großen griechischen Dichter wie Sophokles etc.. als Teenager in die Abgründe des Skeptizismus fiel, war der Pfad von Descartes Meditation, über Hume, Kant, Husserl steinig. Ich verlor die Seele aus den Augen, folgte der Ideologie der rein empirischen Wissenschaften. Nur das, was mit den 5 Sinnen wahrgenommen werden kann, galt als ‚Material‘ für Philosophie, und darin eingebettet war der Zweifel, ob diesen Sinnen denn zu trauen sei. Ob nicht alles nur eine Illusion ist. Der Bogen von Platon zu David Hume kann größer kaum sein.

Bilder

Die Idee, dass sich Welt mit nur in Wahrnehmungsbilder zeigt, führte mich zur Ästhetik, doch nie habe ich das so klar gesehen wie neulich als ich in Aurobindo’s Text zu den Upanischaden stöberte. Ich erinnere mich an Willard Van Orman Quine’s legendäres und absurdes Beispiel von nicht abgetrennten Hasenteilen: wenn ein Hase hinter einem Baum vorbeiläuft und so in meiner Wahrnehmung zwei Hasenteile sich präsentieren – ein vorderes und ein hinteres Hasenteil – und ich dennoch eine Gewissheit zu haben scheine, dass es sich um einen Hasen handelt. So könnten wir hier etwas lernen über die Prinzipien unserer Wahrnehmung und Sprache. Hume spitzte das schon zu, indem er sagte, dass wir keine Gewissheit haben können, dass die Sonne auch morgen wieder aufgeht (ihm ging es dabei darum, die Kausalität infrage zu stellen). Hier Aurobindo’s Stellungnahme zu dieser Art von Philosophie:

The sun rises up in the morning, mounts into the cusp of the blue Heavens and descends at evening trailing behind it clouds of glory as it disappears. Who could doubt this irrefragable, overwhelmingly evidenced fact? Every day, through myriads of years, the eyes of millions of men all over the world have borne concurrent and unvarying testimony to the truth of these splendid voyagings. Than such universal ocular testimony, what evidence can be more conclusive? Yet it all turns out to be an image created by Nescience in the field of vision. Science comes & undeterred by prison & the stake tells us that the sun never voyages through our heavens, is indeed millions of miles from our heavens, and it is we who move round the Sun, not the Sun round us. Nay those Heavens themselves, the blue firmament into which poetry and religion have read so much beauty and wonder, is itself only an image, in which Nescience represents our atmosphere to us in the field of vision. The light too which streams upon us from our Sun and seems to us to fill Space turns out to be no more than an image. Science now freely permitted to multiply her amazing paradoxes, forces us at last to believe that it is only motion of matter affecting us at a certain pitch of vibration with that particular impression on the brain. And so she goes on resolving all things into mere images of the great cosmic ether which alone is. Of such unsubstantialities is this marvellous fabric of visible things created! Nay, it would even appear that the more unsubstantial a thing seems, the nearer it is to ultimate reality. This, which Science proves, says the Vedantist, is precisely what is meant by Maya.“ (Aurobindo CVSA 18, p.379)

Es ist nicht nur die poetisch Kraft Aurobindo’S die mich hier fasziniert, die Art wie er dieses Bild der aufgehenden Sonne evoziert und hin und her wälzt, die verschiedenen Positionen einwebt, um dann das Problem an sich neu zu positionieren. Es ist die Kraft, sich von der eigenen Intuition und Einsicht, von der Erfahrung im reichhaltigsten Sinn leiten zu lassen.

Ich lerne daraus:

  • Wenn wir die Welt als bloßen Phänomen analysieren wollen, so mögen die Ausgangsbilder bitte reich und kraftvoll sein und nicht albern reduziert wie abgetrennte Hasenteile.
  • Wenn wir dann der Methode der Naturwissenschaften und des rationalen Geistes folgen, dann bitte bis zum Ende, wo wir sehen, dass es eigentlich diese Wissenschaft ist, die genau die Bilder erzeugt, die sie anzweifelt.
  • Und schließlich die Umkehr des Problems, in einer art dialektischen Wendung. Die Welt ist unanzweifelbar real, nur ist sie eben nicht so, wie die Wissenschaft sie beschreibt. Das zeigt die Wissenschaft selbst.

Jeder Versuchsaufbau ist eine Simulation, eine Konstruktion. Jede Theorie ist eine Beschreibung von Welt, deren Hypothese einer konstanten Prüfung unterzogen wird. In den Vedas lernen wir über den Kern der Welt, wie wir sie erfahren: Sie ist reines Bewusstsein. Mein Bewusstsein kennt nichts anderes als Bewusstsein. Es ist eine irrwitzige Annahmen, dass alles, was mein Bewusstsein enthält, ihr Gegenteil sein soll. Es ist nicht so, dass unser Bewusstsein ein Abbild eine gänzlich anders geformten Realität enthält. Sondern die Welt besteht aus Bewusstsein, in der Interaktion von Bewusstsein mit anderem Bewusstsein, in der Ausdifferenzierung des einen in seiner Mannigfaltigkeit entstehen Wahrnehmungen und Bilder. Verbunden sind sie durch Vibration. Die Kena Upanischaden beschreiben das, das Grundprinzip ist OM in der Mandukya Upanischad, verbunden ist alles durch ein Rhizom auf einer Ebene der Immanenz, wie Deleuze es in seinem letzten Essay beschreibt.

Maya, die Frage nach der Realität, zeigt ein Paradox auf, es ist die Frage selbst, die das Problem erzeugt. Die mentalen Bilder, die als Grundlage für rationale Analyse dienen, sind Maya – Illusion. Unser Bewusstsein hingegen ist real, die einzige Realität. Das ist der Kern des Problems des Dualismus dvaita-advaita

Om shanti, shanti, shanti

Der Beitrag ­Maya und die Frage nach der Wirklichkeit erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Manifest Dance-Film Festival https://readingdeleuzeinindia.org/de/manifst-dance-film-festival/ Mon, 07 Aug 2023 11:23:12 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4382

Manifest Dance-film festival 28 Jul 2023 to 30 Jul 2023 https://auroapaar.org/festival/ Was hat sich da eigentlich manifestiert? Die bewegten Bilder, die aus den latenten Bildern entstanden und in ihrer Abfolge von wenigsten 24 Bildern pro Sekunde zum ‚Leben erweckt‘ werden, diese Bilder von Tänzern, die ihrem Genre nach schon am Anfang der Cinematographie standen, diese […]

Der Beitrag Manifest Dance-Film Festival erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Manifest

Dance-film festival

28 Jul 2023 to 30 Jul 2023

https://auroapaar.org/festival/

Was hat sich da eigentlich manifestiert? Die bewegten Bilder, die aus den latenten Bildern entstanden und in ihrer Abfolge von wenigsten 24 Bildern pro Sekunde zum ‚Leben erweckt‘ werden, diese Bilder von Tänzern, die ihrem Genre nach schon am Anfang der Cinematographie standen, diese Bilder zeigten sich auf den Dance-Film Festival Manifest vom 28 bis 30 Juli 2023 in der Alliance Française in Pondicherry.

Während den 2,5 Tagen Festival im Veranstaltungsraum der Alliance Française, wurden 40 Kurzfilme gezeigt. Eigentlich wollte ich nur mal kurz vorbeischauen und das ersten Set von Filmen ‚unterstützten‘, da ich weiß, dass die oft nicht gut besucht sind. Ich blieb 2,5 Tage und schaute mit jeden Film an, jede Live Performance und besuchte, soweit das Programm dies zuliess, die Meisterklassen. Ich war wie elektrisiert. Ein so intensives Kunsterlebnis kenne ich eigentlich nur von große Biennalen oder Medienfestivals.

Ich fragte mich immer wieder, was sich hier manifestiert. Verschieden Medientheorien kamen mir in den Sinn: Dziga Vertovs Kinoeye und die universale Sprache des Films, die an keine Sprache gebunden ist und es der Welt ermöglicht, sich im Sinne einer proletarischen Revolution zu vereinen. Oder Godards berühmtes Zitat, dass die Wahrheit aus 24 Bildern pro Sekunde besteht, und die daraus abgeleiteten medienkritischen Theorien, die sich mit Fiktionalität, Lügen und Repräsentation beschäftigen. Und natürlich Gilles Deleuze und seine Hommage an Henri Bergsons Theorie des Cinematografen. Deleuze kehrt Bergson Kritik des Films in einem Lobgesang, indem er die technische Qualität, den Filmschnitt als aktives Denken, als reine Philosophie versteht. Doch all dies, selbst die Theorie den Bewegtbildes, schienen mir das Phänomen dieses Tanzfilmfestivals nicht zu greifen.

Ein neues Genre?

Die Organisatoren stellten durch ihre Arbeit die Frage, ob sich hier ein neues Genre formiert. Was ist ein Genre? Was formiert sich in welcher Manifestation? Tanz! Eine archaische Ausdrucksform, die bis ins Tierreich zurückgeht, und zugleich eine der komplexesten, da sie den ganzen Körper als Ausdrucksmedium versteht. Tanz ist eine Bewegung eines Körpers im Raum. Die Verbindung von Körper, Raum und Zeit, verwoben durch Rhythmus ist vielleicht eine der komplexesten und herausforderndsten Ausdrucksformen für ein 2-dimensionales, linearen Medien wie den Film. Die vorgegebene Kameraperspektive, der Rahmen des Bildes, die technische Struktur des Apparates, all dies arbeitet Tanz entgegen. Und so waren für mich Tanzfilme eigentlich immer experimentell oder banal. Banal, wenn es einfach eine Aufzeichnung einer Aufführung war, experimentell, wenn durch Schnitt und Montage einzelne Segmente eines sonst kontinuierlichen Ausdrucks erweitert und kontextualisiert werden und oft in einer recht kryptischen Sequenz von Bewegungsintervallen endeten, die nur Eingeweihten erschließbar war.

Vielleicht fange ich ganz konkret an, mit dem Ort, an dem dies alles stattfindet. Ein Veranstaltungsraum, der sich wundervoll als Kino eignet. Eine Bühne davor. Das Festival ist in Pondicherry, eine ehemalige französische Kolonie in Indien, diesem farbenfrohen Subkontinent mit unzähligen Sprachen und Traditionen. Dieser multikulturelle Subkontinent, der recht willkürlich von den Briten 1947 durch eine nationale Grenze vereint wurde, hat als eine ihrer zentralen, einenden Kulturformen den Tanz ausgewählt. Getanzt wird viel, auf Hochzeiten und auf Tempelfesten, in Bollywood und auf Dorffesten. Tanz ist in Indien in vielen Bereichen der Gesellschaft allgegenwärtig. Umso erstaunlicher war es zu sehen, dass im Programm des Festivals keine größeren indischen Produktionen vertreten waren. Tanz war live auf der Bühne. Das sagt viel, doch dazu später mehr.

Rasa

Die Wurzel indischer Ästhetik liegt im Begriff von Rasa, oftmals als Geschmack übersetzt, aber weniger im Sinne eines Kunstgeschmacks, sondern ganz konkret im Sinne der Geschmackssinne. Die Aktivierung der inneren Sinne, die den Sinneseindrücken eine Art Qualität gibt. Die nach außen gerichteten Sinne sehen, tasten oder hören ETWAS, richten sich auf ETWAS. Der Geschmack von süß oder sauer ist eher eine Eigenschaft ETWAS schmeckt süß oder sauer, es hat die Eigenschaft süß oder sauer zu sein. Diesen Eigenschaften korrespondiert eine innere sinnliche Erfahrung. Diese lässt sich übertragen durch die Ausdruckskraft von Theater, Poesie, Musik und Tanz. Im Natya shastra gibt es die vier Grundprinzipen Liebe/Erotik (Śṛngāram), Heldentum (Vīram), Wut (Raudram) und Ekel (Bībhatsam). Jemand liebt, ist ein Held, ist wütend oder angeekelt. Das ganz wird beliebig komplex, die emotionalen Eigenschaften differenzieren sich aus, ihnen werden Farben und Kostüme zugeordnet und ihren Kräften korrespondieren Götter, und kulminiert im Tanz.

Mir kommt es an dieser Stelle nur darauf an festzuhalten, dass im Kern dieser Ästhetik, die bis heute Grundlage traditionellen Tanzes in Indien ist, der innere Gefühlszustand steht. Dieser Gefühlszustand wird verkörpert und manifestiert sich durch die Darsteller und evoziert im Betrachter das gleiche Gefühl. Dies ist Basis ästhetischer Theorie in Indien.

Sie steht der Tradition europäischer Ästhetiken seit Platon, mit ihrem Fokus auf Repräsentation, entgegen. Diese retinale Kunstauffassung, der Idee also das sich die Kunst im Auge abspielt, brachte die Zentralperspektive, den Photoapparat und den Cinematografen hervor.

Bewegte Bilder

Was passiert also, wenn sich das Auge der Kamera auf die Tänzer richtet? Wie überträgt sich der Ausdruck eines Tänzers auf der Leinwand? Welche neuen Narrationsformen erschließen sich durch den Schnitt und die Montage? Walter Benjamin sah in seinem Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ 1935 den Verlust der Aura durch die neuen Medien wie Rundfunk und Film keineswegs nur negativ. Der Schnitt und die Montage befreiten die ‚darstellenden‘ Künstler aus den Zwängen eines Theaterraums, und ermöglichten das zu visualisieren, was sonst nur in der Imagination evoziert werden konnte. Mir scheint dieser historische Ansatzpunkt bei der Frage nach einem neuen Genre des Tanzfilms vielversprechend zu sein. Das Theater hat sich durch den Film in gewisser Hinsicht befreit, es wurde in den USA z. B. nahezu vollständig durch die Filmtheater ersetzt. Bezeichnenderweise entzogen sich die Broadwaytheater, die Musicals also, die Tanz als eines ihrer zentralen Prinzipien bewahren, diesem Trend. Sie sind bis heute populär. Die Erfahrung von Tanztheater als Live Erfahrung hat einen hohen Stellenwert in fast allen Kulturen, die eine Bühnenkultur besitzen. Selbst die Musikvideos von MTV konnten daran nicht viel ändern.

Was auf Manifest sichtbar wurde, ist kein neues Phänomen. Der Fokus von Manifest war aber bewusst auf der Verschmelzung von Filmkunst und Theater gerichtet. Strategisch richtig war die Entscheidung, nur Filme zuzulassen, die das Medium Film bewusst in seiner künstlerischen Ausdruckskraft ausreizen. So wurde etwas konzentriert und sichtbar. Vielleicht in neues Genre. Es ist etwas anderes als „Singing int the Rain“ oder Wim Wenders Dokumentarfilm „Pina Bausch“, es sind auch nicht Michel Jacksons MTV Videos, oder Bollywoods „Dilwale Dulhania Le Jayenge“. Man könnte sagen, die 40 Filme, die auf dem Festival ausgesucht wurden, waren Kurzfilme, die als Sprache Tanz gewählt haben. Eine internationale Sprache ohne Wort, so wie Dziga Vertov es forderte, und eine Sprache, die den Kern der bewegten Bilder kontrastiert, nämlich die Sprache der Bewegung. Während Bergson und Godard den Cinematografen der Lüge bezichtigen, und Deleuze die Wahrheit rein in der materialisierten Form des Denkens im Film identifiziert, versucht der Tanzfilm das Unmögliche, die Quadratur des Kreises: die Konzentration von Film auf Bewegung als Sprache im 3-dimensionalen Raum. Diese restriktive Fokussierung kommt einem Manifest gleich, so wie es die zahlreichen Kunstströmungen der Avantgarde hervorgebracht hat.

Raum und Leinwand

Spannend waren die Experimente der Hybriden Filme des Incubator Labs. Tanzchoreografien wurden im Filme umgesetzt und auf der Bühne aufgeführt. Es ging vor allem darum, den Unterschied als Publikum zu fühlen. Was ist gleich und was anders? Was funktioniert und was nicht? Die Produktionen waren kleinere Experimente, die zur Reflexion einluden.

Der Katalog der Festivals ist hier abrufbar: https://auroapaar.org/wp-content/uploads/2023/07/MANIFEST-2023-CATALOG.pdf

Ein Blick hierein lohnt sich, mir gefielen die Filme auf den folgenden Seiten sehr gut: 9, 10, 12, 14, 15, 16, 19, 25, 26, 29, 30, 32, 34, 35, 37, 41, 42, 56

Alliance Francasie Pondicherry

Der Beitrag Manifest Dance-Film Festival erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Die Macht der Musik: Eine Meditation über Bewusstsein und innere Räume https://readingdeleuzeinindia.org/de/die-macht-der-musik-eine-meditation-ueber-bewusstsein-und-innere-raeume/ Tue, 23 May 2023 04:11:37 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=4104 Trichy-Amma Mandapam

erfahren wir die Kraft des Bewusstseins durch die Vermischung verschiedener Vibrationen. Dieser Text erforscht die Konstitution des Bewusstseins in einem meditativen Zustand.

Der Beitrag Die Macht der Musik: Eine Meditation über Bewusstsein und innere Räume erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Trichy-Amma Mandapam

Soweit mein Gedächtnis zurückreicht, erinnere ich mich, dass ich immer gerne Musik gehört habe. Es ist eine Sache der Konzentration, des Genusses, der Hingabe, der Selbstauflösung. Es war mir immer ein Rätsel, was diese Kraft der Musik ist, denn sie ist ja sehr flüchtig, ephemere, sie kommt meist aus einem Lautsprecher. Ein technischer Apparat produziert Schallwellen und die Zuhörer versinken in inneren Landschaften. Was passiert da? Es ist die Vibration. In der Kenaupanischade wurde deutlich, dass die Vermischung verschiedener Vibrationen Bewusstsein konstituiert.

Ich möchte das heute versuchen, etwas zu differenzieren. Ausgehend von einem meditativen Zustand stellt sich die Frag nach der qualitativen Konstitution dieses Bewusstseins. Im Zustand hoher Konzentration werden die Sinneseindrücke von außen reduziert. Es ist nicht wirklich möglich, die Außenwelt stumm zuschalten, aber es ist eben möglich, sich so zu konzentrieren, dass die Sinneseindrücke in einer ersten Stufe eben als solche wahrgenommen werden und in einer zweiten Stufe aus dem Bewusstsein ‚entlassen‘ werden. Es ist weniger eine phänomenologische Epoche, in der die Existenz der Außenwelt in eine epistemische Klammer gesetzt wird, also die Frage nach deren Existenz offen gehalten wird, sondern eher ein Entzug der Aufmerksamkeit. Es ist eine teilnahmslose Beobachtung: Ah dieser Eindruck ist nun präsent, oder dieser Gedanke kommt, oder jene Erinnerung erscheint… All diese als das, was sie sind, vorbeiziehen zu lassen, ist eine erste Stufe der Meditation. In einer inneren Schau wird dann deutlich, wie sich Bewusstsein konstituiert.

Innere Räume

Ein Raum, der erfüllt ist von Bewusstsein, eröffnet sich. Das reagiert jedoch nicht auf Sinnesreize, sondern rein und klar ist. Hier zeigen sich die Kräfte des Bewusstseins: mein Körper (Materie), mein Atem (die Lebensenergie/Prana), mein Geist (der analysiert und visualisiert), die Erfahrung von Dasein (Entzücken/Annanda), reines Bewusstsein (Chit). In diesem Bewusstsein, das sich seiner verschiedenen Ebenen bewusst ist, bewegt sich das selbst frei. Hier begegnet sich das Selbst (Atman) mit der Seele (Puruscha) und erahnt, dass Bewusstsein an sich, das alles umfasst (Brahman) der Schöpfer ist (Sat). Hier werden dann auch die Kräfte unserer Welt als solche sichtbar: Liebe, Krieg, Mitgefühl, Genuß, Schönheit, Leid in all ihren Ausformungen. Sie sind real in unserem Bewusstsein und es ergibt wenig Sinn, sie zu leugnen. Wir erfahren sie, und wir benennen sie und wir kommunizieren und teilen sie, wir leben sie aus und verwirklichen sie, sie werden zu ganz realen Kräften der Welt, wirken in ihnen. All das ist unbestreitbar. Es ist ein wenig schwer erklärbar und deshalb tut die Wissenschaft oft so, als ob sie epiphenomenal seien, also bloß unbedeutende Begleiterscheinungen physikalischer Prozesse. Aber das ist nicht sehr klug, da es uns unserer eigenen Essenz beraubt.

Musik

Ich habe hier ein wenig ausgeholt, weil ich denke, dass dieser innere Raum einige Vorzimmer hat, und die Kunst belegt ganz viele dieser Vorzimmer. In der Musik z. B. trete ich ein in einen inneren Raum, der durch Vibrationen erzeugt wird. In ihm kann ich mich frei bewegen, denn die Musik hilft mir, alles was nicht Musik ist, vorbeiziehen zu lassen. In diesem Raum also kann ich dann innere Reisen vollziehen, deshalb gehen wir immer wieder in musikalische Räume, wenn wir glücklich oder traurig sind. Wir durchleben vergangene Erfahrungen erneut und verarbeiten sie. Dies sind grundlegende psychologische Prinzipien. Aber auch hier können wir die Leiter des Bewusstseins klettern. Unser Körper und unser Atem kann im Tanz erkundet werden, unser Geist kann die Musik visualisieren, ihre Struktur verdeutlichen, ihre Komposition, Durchführung, Interpretation vor das innere Auge bringen. Wenn ich mich aber wirklich konzentriert und kontemplativ der Musik hingeben, wie ich das am besten inzwischen bei Dhrupa von Bahauddin Dagar tue, dann wird die Musik zu reiner Sinnlichkeit (Rasa). Und plötzlich ist die Frage nicht mehr, wie ein technischer Apparat Schallwellen produzieren kann, die solch ein Bewusstsein erzeugen können. Diese Frage gehört der Welt des rationalen Geistes an. Die Musik selbst, also die Vibration, mit der sich mein Bewusstsein verschmelzt, eröffnet einen anderen Raum, einen Raum der Simulation, Kontemplation, Erkenntnis und des Lichts. Aktives Hören von Musik ist sehr nah an tiefer Meditation.

Worum es mir geht, ist der Erfahrung ihren Raum zu lassen und sie nicht in reduktionistischen Widersprüchen zu zerreiben. Musik findet in den Vorzimmern des meditativen Raumes statt. Und das ist fast identisch für Malerei, Skulptur, Tanz, Architektur, Literatur und Poesie etc… wenn ich mich auf ihre Kernqualitäten einlasse. Sie hat hier ihren Sinn. Die Frage, was Musik sei, ist zwar nicht vollständig beantwortet, aber mir ist ihre Funktion, ihr Sinn, ihre Wirkung nun etwas klarer. Es ist kein mysteriöses Geheimnis mehr, sondern ein wunderschönes Werkzeug. Sie gehört zu Saraswati.

Kunst, so scheint es mir inzwischen, wird in Indien von hier aus verstanden. Und von hier aus wird dann auch Ananda Coomaraswamy’s Kritik an westlicher Kunst als ‚retinal‚ klar.

Der Beitrag Die Macht der Musik: Eine Meditation über Bewusstsein und innere Räume erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Was darf Kunst? https://readingdeleuzeinindia.org/de/was-darf-kunst/ Sun, 16 Apr 2023 17:05:03 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=3701

Hier in Auroville wurde neulich ein Theaterstück von den Hausherren des Bharat Nivas vom Program genommen. Die Begründung war, dass einige in der Community Anstoß daran genommen hätten, noch bevor es aufgeführt wurde. Das wirft Fragen auf. Was darf Kunst, wann ist ein Verbot gerechtfertigt? Daran gekoppelt ist natürlich die Frage, was ist die Aufgabe […]

Der Beitrag Was darf Kunst? erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Hier in Auroville wurde neulich ein Theaterstück von den Hausherren des Bharat Nivas vom Program genommen. Die Begründung war, dass einige in der Community Anstoß daran genommen hätten, noch bevor es aufgeführt wurde. Das wirft Fragen auf. Was darf Kunst, wann ist ein Verbot gerechtfertigt? Daran gekoppelt ist natürlich die Frage, was ist die Aufgabe der Kunst, was soll Kunst also tun? Die Frage lädt ein darüber nachzudenken, was die Rolle der Kunst ganz allgemein ist, hier in Indien und im Westen. Und weil diese sehr grundsätzliche Frage sich nicht nur über den indoeuropäischen Raum erstreckt, sondern ein ganzes Feld unterschiedlichster Kulturen abdeckt, möchte ich ihr auch noch eine zeitliche Dimension geben.

Fangen wir vorn an, z. B. bei den Griechen der Klassik. Hier gibt es einerseits die Frage nach dem Schönen (Form, Funktion, und/oder Proportion) anderseits aber auch die Frage nach der Rolle der Kunst innerhalb der Philosophie (techne, mimisis, aisthesis). Im Kern geht es bei dieser Begriffskonstellation um das Verhältnis des Subjekts zur Außenwelt als Objekt. Wie nehmen Menschen Welt wahr, wie und warum imitieren wir Welt z. B. im Theater, oder in Skulpturen? Welche Technik, welches Handwerkszeug setzten wir dabei ein, die Welt zu formen, ihr eine Funktion zu geben, oder schöne, d. h. mathematische Proportionen herauszuarbeiten? Es geht also um die Beziehung von Mensch zu seiner Umwelt in einem gestaltenden Verhältnis.

Kunst wird erschaffen, hervorgebracht, ist Ausdruck eines Subjekts, das die Objektwelt gestalterisch formt. In der Kunst des Abendlandes sehen wir den Künstler und seine Vision. Das hat sich trotz all der rasanten Entwicklungen der europäischen Kunstgeschichte bis heute nicht grundlegend geändert.

Ganz anders in der ‚indischen‘ Kunst. Klassische indische Kunst drückt Gefühle aus, die allgemeingültig sind. Gefühle der Spiritualität, menschliche Emotionen, Kräfte, die in der Welt wirken. Der Künstler ist dem Kunstwerk nachrangig, eigentlich unwichtig, denn nur das, was in dem Kunstwerk ausgedrückt ist, zählt, denn es ist ein Abbild von Kräften, die im Kosmos wirken. Der Künstler hat sie bloß sichtbar gemacht. Und hier rührt das Missverständnis her, dass die Kunst Indiens in weiten Teilen der Kunst des europäischen Mittelalters gleicht, da es dort auch keinen Künstler gab, wie ihn die Antike oder die Renaissance kannte. Was ist der Unterschied?

Textualität und Interpretation

Es gibt einen wichtigen Unterschied. Das westliche Auge, oder Ohr, der westliche Geist, sucht im Kunstwerk das, was interpretiert werden kann. Dies kann eine intrinsische Eigenschaft sein wie z. B. wie Schönheit, oder eine technische Meisterschaft, eine ikonographische Referenz, das Genie des Künstlers, ein Objekt, das Teil eines Diskurses ist, ein Gegenstand der Reflexion, oder ganz ‚einfach‘ ein Abbild, eine Darstellung oder eine Repräsentation. Die Liste ließe sich lange weiterführen. Im wesentlich geht es aber immer um eine Interpretation. Wenn ein Kunstwerk Gegenstand einer differenzierten Interpretation ist, dann gilt es als ein gelungenes, großes Kunstwerk. Ist es ein Objekt, das Gefallen auslöst, so steht es unter dem Verdacht ‚bloß‘ Design zu sein, Kunsthandwerk, oder Kitsch.

Auf diese Art hat der Westen eine Kulturlandschaft hervorgebracht, die auf Interpretation beruht. Und Interpretation ist letztlich eine kritische Analyse im Medium der Sprache, d. h. sie ist textuell. Die Begegnung mit Kunst ist eine des Nachdenkens über Kunst. Die Kontemplation, die auch in den westlichen Diskursen der Kunsttheorie immer wieder thematisiert wird, ist eine Vorstufe dieses Nachdenkens. Kontemplation wird im Nachgang reflektiert und ausgedrückt und damit ihrer Kraft beraubt.

Das Sublime

Die ästhetische Erfahrung, die sich diesen diskursiven Tendenzen entzieht, geht in den Bereich des Erhabenen, des Sublimen, einen Bereich der säkularen Transzendenz, d. h. an die Grenze der Sprache. Denn auch die Grenze des Textuellen ist Teil des Diskurses, nur eben als Abgrenzung und Verweis auf das Unsagbare. Bei diesem Verweis belässt es die westliche Kunsttheorie jedoch zumeist. Ein weiteres Sprechen über das, was nicht sagbar ist, wäre paradox. Und so geht der Betrachter im Westen in die Kunsttempel, die Museum und Galerien, die Kirchen und archäologischen Stätten, die urbanen Orte oder die Natur, um zu interpretieren, was sich dort präsentiert, oder aber vor dem Unsagbaren zu verstummen.

In den Traditionen, die auf monotheistischen Religionen basieren, kommt der Kunst daher die Rolle des Erzählens zu, d. h. die Geschichte der Religion wird erzählt. Die spirituelle Kraft der Kunst unterliegt einem zunehmenden Prozess der Abstraktion. Kunst wird zunehmend säkular, materialistisch, kapitalistisch, Religion hingegen zunehmend plakativ transzendent. Religion verweist auf ein Jenseits wo das persönliche Leben eine Fortführung findet. Dieses Jenseits ist hier natürlich nicht erfahrbar, nicht aussprechbar, wird zugleich aber als ein Abbild unserer Realität gedacht, wenn auch idealisiert.

Es gibt daher verschiedene Formen der Repräsentationen von Realität. Und so ist die Kunst ihrer Kraft des Wunders beraubt. Sie wird zur ‚Erzählkultur‘, einer Kultur der Repräsentation und Gegenstand verschiedener Kulturtechniken, sie wird Teil des Logos. Doch gibt es ein klares Verlangen, sich dem Unsagbaren, dem Erhabenen zu nähern. Denn dieses Unsagbare entzieht sich nicht der Erfahrung, es ist nur nicht durch den rationalen Geist erfassbar. Das Problem liegt darin, dass der rationale Geist der Logik einer Systematisierung der Welt durch den Logos folgt. Im Westen herrscht die Idee vor, dass der Logos die Welt erklären kann, und dass andere Zugangsweisen zur Welt diesem Logos unterlegen sind, und durch ihn erst systematisiert werden müssen: das gilt z. B. für die Intuition, das Gefühl, das Bewusstsein, die Erfahrung des selbst, und die Erfahrung dessen, was das Selbst übersteigt. Diese Phänomene werden in der westlichen Kultur als unaufgeklärt verstanden. Und so entsteht ein Verlangen nach dem Erhabenen, das aber als unaufgeklärt verteufelt wird. Kultur unterdrückt. Bei Freud ist Kultur sublimierte Sexualität. Da ist in der Beschreibung für den Westen etwas dran.

Brahman

In der indischen Kunst scheint es geradezu anders herum zu sein. Die indische Kunst bringt etwas hervor, das sich der Sprach entzieht. Die Tradition spricht von Rasa1, einer Vibration in der Wahrnehmung, die oft mit Geschmack übersetzt wird, aber nicht im Sinne eines guten Kunstgeschmacks, sondern im Sinne einer Qualität, die durch ein Kunstwerk evoziert wird. Diese Vibration im Kunstwerk erzeugt eine Vibration im Betrachter und verbindet das innere Selbst des Betrachters mit der Qualität, die im Kunstwerk evoziert wird, welche wiederum Zeugnis einer Kraft ist, die hinter der oberflächlichen Realität steht.

In der Indischen Philosophie herrscht der Grundgedanke vor, dass Brahman, das höchste Sein, das alles umfasst, sich selbst erfahren will. Nur aus diesem Grund tritt Brahman aus der vollkommenen Existenz heraus und entfaltet sich in der physikalischen Welt. Der Zyklus der Welt, die Weltenseele, das einzelne Bewusstsein, die universellen Kräfte, all das ist Brahman, der sich selbst erfährt. Brahman ist daher für uns nicht denkbar, wir sind Teil von Brahman, Brahman ist in uns, alles ist Brahman. Kunst kommt hier die Rolle zu, einige dieser Kräfte darzustellen. Kunst lässt den Betrachter wundern. Eine Qualität, die im Kunstwerk zum Ausdruck kommt, wird als Rasa erfasst. Sie kann nicht direkt in Sprache ausgedrückt werden. Die Statue eines Gottes ist Ausdruck einer Eigenschaft, einer Kraft im Kosmos, die erfahrbar (schmeckbar, fühlbar) geworden ist. Die Tatsache, dass der Betrachter und der Künstler mittels des Kunstwerks eine Rasa evozieren, bedeutet, dass diese Wahrnehmung, das Bewusstseins, die Erfahrung, die Vibration des Bewusstseins da ist.

Dasein

Was meint Dasein hier? Dasein sollte hier nicht in einem dualistischen Sinn verstanden werden, so als ob eine Eigenschaft in einem Kunstwerk von einem Betrachter wahrgenommen wird, und diese Eigenschaft eben im Kunstwerk da sei. Sondern Dasein heißt hier vielmehr, dass eine Kraft des Kosmos, ein Teil von Brahman sich entfaltet und sichtbar geworden ist. Sichtbar nicht in dem Sinne, dass ein Betrachter etwas in einem Kunstwerk sieht, sondern, dass eine Kraft sich in einem Kunstwerk zeigt und im Betrachter eine Rasa evoziert, die ihn an der Kraft teilhaben lässt. Daher sind die Götterstatuen in Indien belebt. Die Götter sind in ihnen. Wenn die Kräfte durch Anbetung – Puja – besänftigt werden, dann sind sie da. Die Hingabe an das universale Prinzip ist Bhakti, es definiert auch eine Haltung in der Beziehung zwischen rituellem Objekt und den Gläubigen. Der Betrachter interpretiert nicht oder urteilt nicht über ein externes Objekt, sondern die Seele gibt sich den Göttern hin. Diese Hingabe wird durch ein Medium, ein Kunstwerk, erleichtert.

In Indien ist Kunst immer noch Teil des kosmischen Zyklus, Teil von Brahman, sie ist belebt, so wie der ganze Kosmos belebt ist. Tempel, Statuen, Gedichte, Tanz, Musik sind Teil des Kosmos, Teil der kosmischen Kräfte, sie sind Teil von Brahman, und sie ermöglichen es dem Betrachter Aspekte von Brahman klarer, deutlicher, lebendiger zu sehen. Kunst heißt sich wundern zu können, zu schmecken, was sonst schwer zu finden ist – Rasa2. In der Indischen Kunst ist Brahman präsent. Das Dasein der Kunst ist die Präsenz von kosmischen Kräften, Göttern wie man hier sagt.

Zurück zur Eingangsfrage: Was darf Kunst?

Ich frage mich nun, was diese Überlegungen für die Ausdrucksfreiheit der Kunst bedeuten? In der westlichen Tradition ist es selbstverständlich, dass die Diskursivität der Kunst eine Streitkultur nicht nur zulässt, sondern hervorbringt und kultiviert. Kritik, Meinungsverschiedenheit, Satire, Zensur, sind Teil des Kulturbetriebs, und das Erkunden der Grenzen gehört zur Praxis. Welche Rolle kommt aber z. B. der Satire in der Indischen Kunst zu? Welcher Aspekt von Brahman wird hier realisiert? Kann nicht alles gezeigt werden? Auch die Götter lachen doch und weinen, sind zornig oder heroisch.

Mir kommt hier eine Frage: Im Westen ist Kunst oft Teil von politischer Kultur. Politik wird auf die Bühne gebracht und Kunst interveniert in der Gesellschaft und der Politik. Im 20. Jahrhundert war die Forderung an die Kunst, ihre Verantwortung in der Gesellschaft stärker wahrzunehmen und an politischen Diskursen teilzunehmen. Gilt das aber auch für Kunst in dem von Kolonialismus gebeutelten Subkontinent Indien? Indien mit seinen vielen Sprachen, Kulturen, Religionen ist ein so buntes, tolerantes Land, das sich aus einer wie auch immer gearteten Verbindung zur Spiritualität speist. Die weltweit größte Demokratie gewährt bis dato weitestgehend Meinungsfreiheit. Doch wenn ich mit Kulturvertretern hier spreche, so verweisen viele auf die Tradition, auf die Rolle der Kunst spirituelles Wachstum zu fördern. Ich höre hier auf dem Land selten, dass Kunst einen politischen Auftrag hat.

Zugleich waren aber z. B. auf der Kochi Biennale viele kritische Stimmen zu hören. Ein großer Teil der Kunst dort bezog sehr deutlich politische Stellung zu aktuellen Themen wie Klimakrise, Gleichberechtigung, Verfolgung von Minderheiten, Ausbeutung und Korruption. Mir war die künstlerische Sprache dieser Positionen sehr vertraut, sie lehnte sich an Ausdrucksformen des Westens an.

In Indien prallen diese zwei Welten aufeinander. Der Siegeszug des Kapitalismus und seiner säkularen, d. h. materialistischen Struktur macht auch vor Indien nicht halt. Ob die Instrumente dieser Kulturindustrie helfen die Opfer eben jener Kulturindustrie zu retten, bleibt abzuwarten. Traditionalisten versuchen sich durch eine Zurückweisung der Moderne vor diesen kolonialen Strukturen zu schützen. Das wird im Westen als rückständig und konservativ wahrgenommen.

Der Kulturkampf ist auch hier in Auroville voll im Gang. Wenn zur Zeit, im Jahr 2023, von einer neuen Globalen Ordnung die Rede ist, so geht auch um diesen Kulturkampf.

___

1 Rasa kommt aus den dramatischen Künsten, Dichtung, Tanz und Theater. Ich möchte Rasa aber hier etwas weiter verstehen.

2 In der Dichtung, der Grundlage von Theater und Tanz sind die Rasa wohl definiert: Die vier primären Rasas sind: Liebe/Erotik (Śṛngāram), Heldentum (Vīram), Wut (Raudram) und Ekel (Bībhatsam). Aus ihnen abgeleitet sind: Humor (Hāsyam) von der Liebe (Śṛngāram), Mitgefühl und Pathos (Kāruṇyam) von der Wut (Raudram), Wunder und Magie (Adbhutam) vom Heldentum (Vīram) und Furcht (Bhayānakam) von Ekel (Bībhatsam). Über Jahrtausende hat sich ein sehr differenzties System entwickelt wie verschiedene Aspekt der menschlichen Psyche dargestellt werden können und welchen Göttern sie korrelieren.

Der Beitrag Was darf Kunst? erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Die Komplexität des Universums, die Rolle des Bewusstseins und die Isha Upanischad: Eine Betrachtung über die Existenz und unseren Platz im Universum https://readingdeleuzeinindia.org/de/isha/ Tue, 21 Mar 2023 02:26:08 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=3324

Die Isha Upanischad stellt die Frage nach der Komplexität des Universums und erinnert uns an den Ursprung des Wissens. Erfahre mehr dazu hier.

Der Beitrag Die Komplexität des Universums, die Rolle des Bewusstseins und die Isha Upanischad: Eine Betrachtung über die Existenz und unseren Platz im Universum erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Wenn alles mit dem Big Bang begann, warum ist die Welt dann so komplex, wieso Mathematik, Physik, Biologie, Philosophie? Warum beinhaltet das Universum all diese Gesetze, Ideen, Kräfte, Bewegungen? Wieso nicht einfach nur Blopp, ein Biep, ein grauer Schleim? Wie viele Universen gab es, bevor dieses hier entstand? Wie viele wird es geben, in denen sich das Universum auf höheren Stufen bewusst werden wird?

Ist es nicht eine merkwürdige Vorstellung, dass aus dem Nichts, durch eine unendliche Kraft, ein Universum entsteht, das so komplex, so schön, so durchströmt von bewussten Wesen ist? Und dass diese Wesen eine unglaubliche Breite an Emotionen, Erfahrungen, Vorstellungen haben, aufschreiben und im Gedächtnis behalten. All dies nur, um sich selbst einzureden, dass all dies nur deshalb existiert, weil Materie durch eine Illusion von Bewusstsein begleitet ist, die wir mit aller Kraft versuchen wegzurationalisieren?

Und wenn wir begreifen, dass dies doch recht unwahrscheinlich ist, und uns alter Schriften erinnern… Wie kann es sein, dass die monotheistischen Religionen davon sprechen, dass wir – die Menschen – das Abbild des Schöpfers sind? Wieso sind diese Ideen so klein, so begrenzt? Ist es wirklich nicht denkbar, dass wir nicht die Krone der Schöpfung sind? Ist es nicht vielmehr ganz wahrscheinlich und gewiss, dass dem nicht so ist? Wenn ich aus dem Fenster in die Welt schaue, ist doch ganz klar, dass unser Tun wahrlich nicht perfekt ist.

Isha Upanischad

Die Isha Upanischad fängt an mit:

īśā́ vāsyàm idám̐ sárvaṁ yát kíṁ ca jágatyāṁ jágat |
téna tyakténa bhuñjīthā mā́ gr̥ dhaḥ kásya svid dhánam |1|

1. All this is for habitation by the Lord, whatsoever is individual universe of movement in the universal motion. By that renounced thou shouldst enjoy; lust not after any man’s possession.

Die Isha Upanischad zeugt von einer Gewissheit, die von den Sehern wahrgenommen und seit Jahrtausenden überliefert ist. Die Upanischaden erinnern an einen Ursprung des Wissens, den wir unter all unserer Kultur verschüttet haben. Das, was die Naturwissenschaft nicht denken kenn, den Moment vor dem Big Bang, die erste Ursache eines kausalen Weltbildes, ist Brahman, die reine Existenz. Um sich aber seiner selbst bewusst zu werden, muss Brahman sich in einer Existenz in Raum und Zeit und Bewusstsein entfalten. Isha tritt in die Existenz. ‚All this is for habitation by the Lord‘. Und wir sollten nicht denken, dass das Universum für uns da sei. ‚By that renounced thou shouldst enjoy‘. Wir sind bloß Teil davon.

Ich liebe die Upanischaden, weil sie so undogmatisch sind. Sie adressieren ‚bloß‘ die wirklich wichtigen Fragen unserer Existenz und warnen immer wieder davor, zu denken, dass wir sie nun verstanden hätten. Jeder Vers erlaubt eine schier unendliche Ausdeutung, wenn man sie aus der Erfahrung des eigenen Bewusstseins heraus durchdringt. Sie sind ein Pfad der Erkenntnis, keine Lehre.

andháṁ támaḥ prá viśanti yé ávidyām upā́sate |

táto bhū́ya iva té támo yá u vidyā́yām̐ ratā́ḥ |9|

9. Into a blind darkness they enter who follow after the Ignorance, they as if into a greater darkness who devote themselves to the Knowledge alone.

Ignoranz ist relativ leicht zu überwinden, doch wie kommen wir aus der Falle heraus, zu denken, wir wüssten alles?

_

Zum Nachlesen:

Sri Aurobindo „Upanishads-I : Isha Upanishad“ CWSA 17

Dank an Nishtha für das Dokument mit der Transliteration der Upanischad

Der Beitrag Die Komplexität des Universums, die Rolle des Bewusstseins und die Isha Upanischad: Eine Betrachtung über die Existenz und unseren Platz im Universum erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Die Kraft der Upanischaden: Klarheit und Spiritualität durch Meditation https://readingdeleuzeinindia.org/de/vibration/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/vibration/#respond Mon, 16 Jan 2023 07:48:16 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2967 Kerala Festival

Entdecke die spirituelle Kraft der Upanischaden und der Rigveda in Indien. Erfahre die Wesensschau und die reine Form der Sinne in der Meditation.

Der Beitrag Die Kraft der Upanischaden: Klarheit und Spiritualität durch Meditation erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Kerala Festival

Während ich der Weisheit der Upanischaden und der Kraft des Rigveda folge, wird mir vieles immer klarer. Die spirituelle Kraft der alten Schriften in Indien liegt in ihrem ungefilterten Zugang zur Erfahrung und der Intuition.

Die Denksysteme, die ich in der westlichen Tradition kennengelernt habe, versuchen im Grunde immer, einen Ausgangspunkt zu finden:

  • Philosophie sucht immer nach dem Anfang. Jedoch tut sie das in der Regel durch den Verstand. Das führt zu der Frage nach einer Axiomatik und Ontologie, also der Frage nach den Grundannahmen und den nicht reduzierbaren Seinsformen.
  • Andere, eher religiöse und mystische Versuche, suchen nach einem Anker im Transzendentalen, Metaphysischen oder Übernatürlichen. Letztlich also in einer Autorität, die erfahrbar ist.
  • Die Wissenschaft mit ihrem materialistischen Zugang zur Welt sucht nach Mustern und versucht, diese zu verallgemeinern, um die daraus abgeleiteten Theorien zu verifizieren bzw. zu falsifizieren.

Was ich hier in Indien kennenlerne, ist die Wesensschau in der Mediation. Die Spiritualität nimmt ihren Ausgang von der Sicht nach innen. Diese Sicht nach innen ist rein und ungetrübt. Sie ist wie geklärtes Butterfett – Ghee.

Meditation zum Selbst

In der Meditation ist der Körper in einer Ruheposition und der Geist lässt die Reize der Außenwelt verklingen. Als Hilfestellung zu Beginn einer Mediation wird oft die Konzentration auf den Atem genommen. Das Zählen der eigenen Atemzüge lenkt das Bewusstsein auf den eigenen Körper, auf die Lebenskraft des Atems, auf das Verhältnis der Außenwelt zur Innenwelt. Wenn der Geist und der Körper so zur Ruhe gekommen sind, fängt die eigentliche Meditation erst an. Die Sinne, die nun weitestgehend aus dem Reiz-Reaktionsschema befreit sind, liegen offen. Und genau hier setzten die Upanischaden an.

Im nächsten Schritt geht es nicht um eine Erfahrung des Transzendentalen, des Mystischen, einer irgendwie anders gearteten Realität, wie so viele Meditierende meinen. In den Upanischaden geht es darum, die Sinne in eine reine Form zu bringen. Sehen wird Sehen, Hören wird Hören, Denken wird Denken etc… Nicht mehr und nicht weniger. Wem es gelingt, auf dieser Bewusstseinsebene zu verweilen, nimmt die Grundstruktur des Bewusstseins wahr. Es wird klar, dass die Sinneseindrücke, angeregt durch die äußeren Sinnesorgane, innerhalb des Bewusstseins erscheinen, aber eben transformiert. In der Philosophie springen viele Denker nun viel zu schnell zu dem Schluss, dass es sich hier um mentale Repräsentativen handelt. Bis wir bei mentalen Bildern angekommen sind, passiert aber noch viel.

Die Kena Upanischad fragt: Wer sieht beim Sehen, wer hört beim Hören, wer denkt beim Denken etc…. Dies ist die Frage aller Fragen. Die Antwort ist klar und rein – Simplicity is complexity resolved – das absolute Selbst. Was heißt das?

Wenn sich mein Bewusstsein in der Meditation auf einen der Sinne konzentriert, so wird er – losgelöst von seinem Objekt der Wahrnehmung und ebenso losgelöst vom Subjekt der Wahrnehmung, zum reinen Bewusstseinsgehalt, einer Form, die einer Vibration entspringt. Vibration ist der Begriff der Upanischaden, für den wissenschaftlichen Geist könnten wir von Bewusstseinsgehalten, die neuronale Ströme begleiten, sprechen. Diese Vibration, die durch die Sinnesorgane ausgelöst ist, konstituiert Bewusstsein. Selbst reduktionistische Materialisten würden hier noch zustimmen. Es ist das, was Hegel sinnliche Gewissheit nennt.

Wer ist es aber, der diese sinnliche Gewissheit hat? Es ist nicht das Subjekt, das die mentalen Bilder, die Repräsentationen synthetisiert, sondern es ist eine Vermischung der Vibrationen. Bewusstsein existiert nicht in Isolation. Bewusstsein ist eine Vermischung von verschiedenen Bewusstseinsinhalten. Die Vibration der Sinne vermischt sich mit unserem Atem und dem Herzschlag, der Natur. Kurz: Bewusstsein ist an die Lebenskraft gebunden (Prakriti), an eine Seele (Purusha) und Identität (Atman).

Atman und Brahman

Innerhalb der Meditation ist die Vermischung der Sinne gut zu beobachten. Das klare Bewusstsein wird sich dieses Gleichklangs bewusst und erfreut sich daran. Es ist hier, wo Ekstase und Seligkeit erfahrbar werden. Und hier, jedenfalls für mich, erwacht das Selbst in einem tieferen Sinn. Denn hier ist das Bewusstsein losgelöst vom Reiz-Reaktions-Schema. Das synthetisierte Bewusstsein (Atman), entfaltet eine eigene Handlungskraft, es wird zu einem Agierenden, d. h. frei. Und in eben jenem Bewusstsein des freien Selbst (was ein wesentlich stärkerer Begriff ist als das recht technische Selbstbewusstsein mit seiner selbstreferenziellen Struktur), erkennt das Selbst seine Einheit mit dem absoluten Selbst. Das freie Bewusstsein erkennt sich als Teil des Bewusstseins überhaupt. Atman ist Brahman und Brahman ist Atman.

Bilder der Rigveda

Von hier aus werden mir auch Bilder Rigvedas klar. Die heiligen Kühe, die als Strahlen der Sonne und in anderen merkwürdigen Konstellationen vorkommen, die Pferde, die angespannt sind und aus den Städten kommen, oder die Götter fahren, das Feuer, das in unterschiedlicher Form, mal rauchend, mal klar, allgegenwärtig ist.

Ich versetzte mich manchmal nach einer Meditation in eine vorhistorische Zeit, in eine Zeit, mit wenigen Werkzeugen, ohne Schrift, unter dem Sternenhimmel, wo die Pferde auf der Wiese grasen und die Milch über dem Feuer gekocht wird und die geschlagene Butter geklärt wird. Das Mysterium des Lebens und des Bewusstseins, die Erfahrung, Teil des Kosmos zu sein, um das Lagerfeuer sitzend, oder die Öllampen mit geklärter Butter für die Götter anzuzünden, ist eine tiefe spirituelle Erfahrung, die teilweise noch in den Tempeln und bei den Festen in Indien zu spüren ist.

Die geklärte Butter der majestätischen, freilaufenden Kühe, die kraftspendend und lichtgebend ist, der Atem der schnaufenden Pferde im Morgengrauen, das Feuer, das wärmt und sich in der Sonne und dem Mond spiegelt. Dies sind ganz konkrete Erfahrungen, die zentraler Gegenstand spiritueller Mediation sind. Die Rishis gehen ganz konkret von dem, was vor ihnen ist, aus, und sie reflektieren nach innen und beschreiben das Geheimnis unserer Existenz hier und jetzt. Es ist keine Spiritualität, die auf Autorität aufbaut oder von Kategorien a priori ausgeht. Diese Spiritualität ist entwickelt aus der allgemeinsten Erfahrungswelt, sie erklärt, wer und was wir sind. Sie gibt den Dingen und Kräften lediglich Namen und beschreibt sie.

Die Götter sind nichts anderes als jene Kräfte, die wir sehen: das Wachsen der Bäume in der Natur, der Kampf und die Liebe bei den Lebewesen, die Kräfte unseres Unterbewusstseins, die Ideale unseres Geistes. Sie sind Teil jeder Kultur, sie sind überall da, sie sind real. Im Hinduismus sind sie Kräfte benannt und als Götter verehrt. Was soll daran falsch sein?

Wir leben in dieser Welt, hier sind wir, und hier ist unsere Spiritualität. Sie liegt nicht im Jenseits, und sie ist auch nicht nicht.

Der Beitrag Die Kraft der Upanischaden: Klarheit und Spiritualität durch Meditation erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/vibration/feed/ 0
Elemente – Feuer https://readingdeleuzeinindia.org/de/elemente-feuer/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/elemente-feuer/#respond Sat, 19 Nov 2022 03:23:05 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2434

Ich erinnere mich, dass ich seit meiner Kindheit immer ins Kaminfeuer gestarrt habe. Viele tun das, denke ich. Feuer hat etwas Faszinierendes. In den Veden ist Agni der Gott des Feuers, eines der 5 Elemente neben Wasser, Luft, Erde und Äther. Bei den Griechen gibt es diese Elemente ebenfalls. Ich habe das sehr lange nicht […]

Der Beitrag Elemente – Feuer erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Ich erinnere mich, dass ich seit meiner Kindheit immer ins Kaminfeuer gestarrt habe. Viele tun das, denke ich. Feuer hat etwas Faszinierendes. In den Veden ist Agni der Gott des Feuers, eines der 5 Elemente neben Wasser, Luft, Erde und Äther. Bei den Griechen gibt es diese Elemente ebenfalls. Ich habe das sehr lange nicht verstanden und fand das ‚unwissenschaftlich‘. Ich dachte die Elemente von der Physik und Chemie her, und da macht das nur begrenzt Sinn.

Mythologie

Innerhalb der Mythologie und der spirituellen Erkenntnis aber ist das eigentlich vollkommen plausibel. In den Upanischaden werden verschiedene Seinsstufen des Bewusstseins unterschieden. Das allgemeine, ewige Bewusstsein, d. h. Bewusstsein an sich, formlos, allumfassend, unbestimmt – das Brahman. Dann gibt es die einzelnen Kräfte, Energie, den Willen, Liebe, Wissen etc.. Diese sind als Seinsformen gedacht, als Götter, als ein Götterhimmel. Aus ihnen tritt Atman, das einzelne Selbst, heraus. Es wohnt in uns.

Das klingt sehr befremdlich, alt, verklärt, unwissenschaftlich… aber eigentlich ist das doch phänomenal, gar nicht abzustreiten. Wir haben einen Willen, wir lieben und hassen, wir wissen und lassen uns täuschen…. Wissenschaftlich erklären können wir das nicht. Wir versuchen das über funktionale Modelle (z. B. Darwinismus) oder reduktionistische Modelle (Neurowissenschaften), bzw. systematisch beobachtend (Sozialwissenschaften). Diese Modelle versuchen aber letztlich das, was uns ausmacht, auf eine materielle, systemische bzw. strukturelle Ebene zu reduzieren. Unsere Annahme ist: Wenn wir es wegerklärt haben, haben wir das ‚Problem‘ gelöst. Was ist das für eine komische Vorstellung?

Es gibt aber eigentlich keinen Streit über die Existenz dieser Phänomene. Nur statt sie als Computermodelle zu visualisieren, gaben die Rishi, die Seher der Veden, ihnen Götternamen. Sie sahen ihre Existenz und akzeptierten und benannten sie.

Visualisierung

Bleiben wir also vielleicht einen Moment bei den Bildern der Rishi.

Die reine Existenz drückt sich aus, um sich selbst zu erkennen – durch einen Akt der Kreation. Wir nennen das in der Wissenschaft den Urknall. In der Kosmologie machen wir gute Fortschritte, die Ausformung von Materie, Galaxien, Planeten etc. zu beschreiben, und da wird sicherlich noch viel passieren. Die Computeranimationen sind inspirierend, die Weltraumbilder, die auf komplizierten Algorithmen beruhen, atemberaubend. Die Narrative über Quarks und Elektronen, Gravitationskräfte, Strings, Raumzeit, Krümmung der Zeit sind faszinierend, und für Nicht-Physiker eigentlich nicht zu verstehen. Wir akzeptieren die Zwischenstände der wissenschaftlichen Diskussionen als Wahrheiten, die populärwissenschaftlich aufgearbeitet auf Youtube-Kanälen Begeisterung finden. Einstein, Hawking u. a. sind unsere Rishi. Die Experten haben etwas verstanden, das wir nicht nachvollziehen und nicht überprüfen können. Nur die Peers, die wissenschaftlichen Kollegen, bzw. die Gemeinschaft der Rishi kann wirklich beurteilen, ob das nun Unsinn ist oder echtes Wissen.

Vor 4000 Jahren waren die Bilder Götter. Diese Denkbilder der Gottheiten sind unserer Erfahrung aber viel näher als die abstrakten technischen Bilder. Sie beschreiben unsere Lebenswelt präziser, ihre Einsicht ist tiefer, weil sie aus der Erfahrung schöpft. Die Veden akzeptieren Bewusstsein. Sie verstehen, dass Bewusstsein vereinzelt in einer menschlichen Existenz keinen Sinn ergibt. In den monotheistischen Traditionsräumen liegt hier das Kernproblem. Wie soll die Unsterblichkeit der Seele erklärt werden?

In den Veden ist jedes Bewusstsein Teil des einen. Eigentlich gar nicht so kompliziert, nur unglaublich schwer zu verstehen, weil es voraussetzt, dass wir uns selbst nicht so wichtig nehmen, uns als Teil eines Ganzen verstehen und so handeln. Die Unsterblichkeit liegt in der Einsicht, sich selbst nicht als Zentrum zu verstehen. Der Weg dahin ist die Meditation.

Erfahrung

Für mich ist es wichtig, auf der Ebene der Erfahrung zu bleiben. Das schränkt die Wissenschaft nicht ein, im Gegenteil, es gibt ihr neues Material. Mir ging es ja um das Feuer, die Energie, die Sonne und die Kraft, die alles bewegt. Jene Energie, die vernichtet und zugleich darüber hinaus alles transformiert und bewegt. Eine Energie, die sich aus dem Opfer (Sacrifice) speist, denn Holz z. B. verbrennt im Feuer, erzeugt Energie und hinterlässt Asche. Die Asche wird in den Tempeln in Indien auf die Stirn geschmiert, über das dritte Auge, den Sitz der Erkenntnis.

Wenn ich vor einem Feuer sitze, sehe ich diese Energie, ich spüre sie in meinem Gesicht, auf meiner Stirn. Ein Holzfeuer ist in seiner Helligkeit so, dass es mich nicht blendet, aber in seinen Bann zieht. Es ist Gefahr und Zeichen, Energie, Kraft und Zerstörung. Ich sehe im Feuer die Urkraft des Universums, das Abbild der Sonne, das Sinnbild der Reinheit und Klarheit.

Om Namah Shivaya

 

Der Beitrag Elemente – Feuer erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/elemente-feuer/feed/ 0
Schlafforschung https://readingdeleuzeinindia.org/de/schlafforschung/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/schlafforschung/#respond Mon, 24 Oct 2022 16:12:52 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2139 Auroville

Neulich habe ich einen Podcast zum Thema Traum gehört und mich mal wieder sehr gewundert. Der Leiter des Schlaflabors in Mannheim, sagt, jeder könne trainieren, Träume zu erinnern. Ich jedenfalls kann das, das stimmt also. Was mich aber doch sehr verwundert, ist die Reduktion des Traums auf das Unterbewusstsein. Träume würden sich nur stärkerer Bilder […]

Der Beitrag Schlafforschung erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
Auroville

Neulich habe ich einen Podcast zum Thema Traum gehört und mich mal wieder sehr gewundert. Der Leiter des Schlaflabors in Mannheim, sagt, jeder könne trainieren, Träume zu erinnern. Ich jedenfalls kann das, das stimmt also. Was mich aber doch sehr verwundert, ist die Reduktion des Traums auf das Unterbewusstsein. Träume würden sich nur stärkerer Bilder bedienen, um uns darauf aufmerksam zu machen, an etwas zu arbeiten, das wir im Wachbewusstsein vernachlässigen. Schade und traurig, und bezeichnend zugleich, wie armselig diese Vorstellung ist.

Ich denke da heute wieder drüber nach, weil ich mal wieder in den Upanischaden gelesen habe. Die kurze Mandukya-Upanischad spricht von vier Bewusstseinszuständen: Vaishvanara (die nach außen gewendeten Sinne), Taijasa (die nach innen gewendeten Sinne im Sinne einer Kontemplation oder Tagtraum bzw. Traum) Prajna (Tiefschlaf d. h. unbewusste Einheit) und Turiya (der überbewusste Zustand, unendlicher Friede, grenzenlose Liebe). Mich hat das so beeindruckt, dass ich zunächst den ganzen Tag schlafen musste.

Schlafen

Den Menschen, mit denen ich liebevoll Nächte verbracht habe, habe ich oft erzählt, dass Schlafen für mich Bewusstseinsforschung ist. Ich glaube, niemand hat mich da richtig ernst genommen. Und ich mich selbst auch nicht so, wie ich das hätte tun sollen. Ich musste da immer an Marcel Proust’s ‚Suche nach der verlorenen Zeit‘ denken. Das erste Kapitel in Swann’s Welt beschreibt das Aufwachen und das bewusste Verweilen in dieser Zwischenwelt des Aufwachens. Diese Welt ist ein ganz besonderer Ort für Proust, und das hat mich seit dem nicht mehr losgelassen. Mehr als die ersten 4–5 Seiten habe ich dann auch nicht gelesen, denn hier schien mir alles gesagt. Die zweite Hälfte meines Studiums habe ich dann der Philosophie des Bewusstseins gewidmet. Im Schlaf habe ich dabei vieles erst verstanden.

In den Upanischaden ist der Schlaf ein bedeutungsvoller Zugang zur Welt, zum Selbst der Welt, in dem wir nicht getrennt sind. Unsterblichkeit ist der Zustand von tiefer Meditation. Die Träume zu beherrschen, bringt uns dem Selbst, dem Brahman näher. Gleichzeitig lese ich nun doch Satprem, ich finde ihn etwas suspekt, aber seine Beschreibung dessen, was in den verschiedenen Stadien der Meditation und Bewusstseinsformen passiert, spricht mir aus dem Herzen. Für Satprem und Sri Aurobindo ist der Kern der Meditation, den Geist zur Ruhe zu bringen. Erst wenn er ruhig ist und sich nicht mehr gegen Brahman sträubt, ist es möglich, die ordnende Kraft des Bewusstseins zuzulassen. Das Denken stört dabei nur. Dies geschieht auch im Schlaf und im Traum.

Ich sehr hier einen Gegenentwurf zu den Schlaflaboren, die versuchen den Traum für die Wertschöpfungseffizienzmaschine zu instrumentalisieren. Der Traum gibt uns vielmehr Zugang zum Bewusstsein, das unser kleines Pflichtbewusstsein bei weiten übersteigt.

Schlafen ist wundervoll, er eint uns mit dem Selbst. Er ist eine hohe Form der Erkenntnis.

Happy Diwali

Diwali

Der Beitrag Schlafforschung erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/schlafforschung/feed/ 0
Packen https://readingdeleuzeinindia.org/de/packen/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/packen/#respond Mon, 19 Sep 2022 12:18:31 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1887

Was soll ich nach Indien mitnehmen? Ich möchte ein anderes Leben leben, in einer anderen Gesellschaft, mit anderen Vorstellungen und Zielen. Es ist warm dort, das Leben wird einfach sein. Außer den Basics wie ein paar Kleidungsstücken brauche ich meine technischen Geräte wie Laptop, Handy, Kamera. Und sonst? Eine gute Taschenlampe, denn die Feldwege dort […]

Der Beitrag Packen erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Was soll ich nach Indien mitnehmen? Ich möchte ein anderes Leben leben, in einer anderen Gesellschaft, mit anderen Vorstellungen und Zielen. Es ist warm dort, das Leben wird einfach sein. Außer den Basics wie ein paar Kleidungsstücken brauche ich meine technischen Geräte wie Laptop, Handy, Kamera. Und sonst? Eine gute Taschenlampe, denn die Feldwege dort sind nicht beleuchtet. Und Bücher… Es wird auch dort eine Reihe von Bibliotheken geben. Zum ‚Vergnügen‘ habe ich ja seit sehr langer Zeit nicht mehr gelesen. Im Grundstudium habe ich viele Romane des 19. Jahrhunderts gelesen: Brontë, Flaubert, Tolstoi, Dostojewski, Balzac, Gontscharow… In der Oberschule waren es die antiken Dramen von Sophokles oder Klassiker wie Shakespeare, aber auch Hesse. Theaterstücke habe ich gerne gelesen, das war intensiv, schnell, anregend.

Seitdem ich das Internet nutze, und das tue ich seit dem Anfang des Netscape-Browsers, hat sich mein Lesen verändert. Ich lese weniger linear, springe mehr, lese vieles gleichzeitig. Ich fühle mich daher manchmal schwindelig, und brauche Bücher als Anker. Die Bücher, die mich begleiten, sind immer Bücher, die theoretisch stark verdichtet sind. Ich lese sie auch nur sehr langsam, meist nur ein paar Seiten, dann habe ich wieder viel zum Nachdenken. Ich verstehe nicht, wie Menschen komplexe Bücher verschlingen.  Bücher, die mich interessieren, stellen einen ganzen Gedankenkosmos dar. Ein solcher Kosmos ist schwierig zu erfassen. Es ist ein wenig mit dem Reisen. Manche Menschen wollen alles sehen, überall gewesen sein, sie sammeln Geschichten und Fotos, und sind doch nicht wirklich da gewesen.  Andere Länder, Kulturen, Sprachen brauchen doch Zeit. Man muss sich dem langsam nähern, auf eine Einladung warten, höflich sein und respektvoll.

Wahrscheinlich ist auch hier wieder die Konsumhaltung leitend. Mit ihr hängt eine kapitalistische Verwertung zusammen, die scheinbar der Selbstdarstellung dient und soziale Punkte bringt. Mir war das immer suspekt. Klar, ich lasse mich auch gerne unterhalten, konsumiere Medien, weil es Spaß macht, ablenkt oder einfach große Gefühle erzeugt. Aber diese Ablenkung ist für mich nicht nachhaltig. Ich merke mir keine Filme oder Bücher oder Orte etc… Mich interessiert, wie etwas mein Denken verändert hat. Wie ich etwas anderes geworden bin. Begegnungen mit Büchern und Orten lösen eine Veränderung aus, ich bin nach einer echten Begegnung ein anderer Mensch, oder ein anderes Tier, oder ein anderes Werk, je nachdem, wer sich wie wahrnehmen möchte…

24 Bücher, eine Verschränkung, ein Experiment. Eine künstliche Gegenüberstellung. Wie hätte ein Dialog zwischen Deleuze und Aurobindo ausgesehen? Hätten sie sich etwas zu sagen gehabt?

 

Der Beitrag Packen erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/packen/feed/ 0
Geschützt: Soulmate https://readingdeleuzeinindia.org/de/soulmate/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/soulmate/#respond Mon, 29 Aug 2022 16:45:03 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1812

Es gibt keinen Textauszug, da dies ein geschützter Beitrag ist.

Der Beitrag Geschützt: Soulmate erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Dieser Inhalt ist passwortgeschützt. Um ihn anschauen zu können, bitte das Passwort eingeben:

Der Beitrag Geschützt: Soulmate erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/soulmate/feed/ 0
Von Gefühlen getragen https://readingdeleuzeinindia.org/de/von-gefuehlen-getragen/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/von-gefuehlen-getragen/#respond Sat, 27 Aug 2022 08:24:20 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1754

Ich lebe in einer hyperkomplexen Gesellschaft. Das merke ich schon an politischen und gesellschaftlichen Themen, die eigentlich niemand mehr so wirklich in ihrer Komplexität erfassen kann. Wir können uns an Prinzipien festhalten, z. B. Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit, Rücksicht, Nachhaltigkeit etc.. Im Konkreten wird es dann aber auch schon schwierig. Soll ich mich in einem Konflikt […]

Der Beitrag Von Gefühlen getragen erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Ich lebe in einer hyperkomplexen Gesellschaft. Das merke ich schon an politischen und gesellschaftlichen Themen, die eigentlich niemand mehr so wirklich in ihrer Komplexität erfassen kann. Wir können uns an Prinzipien festhalten, z. B. Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit, Rücksicht, Nachhaltigkeit etc.. Im Konkreten wird es dann aber auch schon schwierig. Soll ich mich in einem Konflikt auf die eine oder andere Seite schlagen, oder gibt es eine dritte Möglichkeit? Welche meiner eigenen Handlungsweisen soll ich ändern, und wie radikal soll ich das tun, welche Konsequenzen hat das? Oder wie soll ich mein Leben ausrichten? Welche Verantwortung habe ich, welche Verpflichtung und Erwartung, welche Ziele? All das ist verwoben mit sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die von politischen Rahmenbedingungen geprägt sind. Wie sollen wir da echte Entscheidungen treffen?

Mir scheint, dass wir oft in einem komplexen Netz irgendwie gefangen sind. Wenn wir etwas ändern wollen, dann zieht es hier und da, und in der Regel pendelt es sich dann irgendwie so ein, dass wir nicht allzu viel verändern wollen oder können. Diskutieren mit Freunden hilft, auch mit Spezialisten, je nachdem, um was es geht.

Zuhören

Ich höre viel zu, und in der Regel wollen Menschen, die reden, auch gar nicht wirklich eine Antwort, sie wollen die Gedanken einfach mal laut sortieren. Das ist auch völlig o.k. Wenn man aufmerksam zuhört, findet das Gegenüber die Antworten selbst viel schneller. Auf die eigene Intuition zu hören, das Grundgefühl zu erkunden, das ist oft das Schwierigste. Hier ist es am schwierigsten, Kompromisse zu machen.  Deshalb schauen Menschen dort auch am seltensten hin.

Neulich war ich bei einer Gruppe von sehr unterschiedlichen Menschen. In dem Abschlussplenum wurde ausgesprochen, dass diese Gruppe von einem Gefühl getragen war. Mir geht diese Phrase nicht mehr aus dem Kopf: ‚von einem Gefühl getragen zu sein‘. Sicher ist dies nicht ein Impuls, oder eine spontane Reaktion, auch kein tiefer Konflikt oder Schmerz oder Trauma, auch kein Gefühl des Begehrens, oder Euphorie…  Es ist etwas Existenzielles.

Heideggers Angst

Ich habe während meines Studiums Heidegger gelesen, seine Sprachmystik hat mich verführt. Mir war das unheimlich, aber auch unwiderstehlich. Die Frage, was Metaphysik sei, beantwortete er mit einem Gefühl, natürlich hoch reflektiert. Nach langen Ausführungen fragt er irgendwann: Wo erfahren wir das Nichts? Das, so Heidegger, können wir schon rein logisch nicht positiv beantworten. Wir können das nur in einem Gefühl erfahren, das nicht reaktiv ist, sondern existenziell. Heidegger sagt: in der Angst. Warum Angst? Warum das Nichts? Warum diese Fixierung auf den Tod? Ich habe lange gebraucht, das wieder zu vergessen. Das Vergessen ist eine schwierige Kunst. Was ich aber für mich behalten habe, ist die Einsicht, dass es o.k. ist, bestimmte Fragen nicht rational zu beantworten. Das war für mich eine Offenbarung.

Mystik

Mir ist das mystische Denken oft sehr fremd: Die Grundannahmen (Axiomatik) sind oft alles andere als transparent, die Argumentationsform irrational oder rhetorisch, die Einsichten intuitiv, der Geltungsanspruch ausgreifend. Es gibt natürlich unzählige Arten mystischen Denkens. Im Kern geht es aber doch darum, die Grenzen des Wissens – und die gibt es – zu überschreiten. Da wo Wissen aufhört, fängt Theologie und Mystik an. Da sind wir von Gefühlen getragen. Deshalb sprechen diese Denksysteme so viel von Liebe und Tod, von Grenzerfahrungen. In der kapitalistisch geprägten ‚westlichen Kultur‘ ist das ein Tabu geworden. Bzw. wir haben das einfach verlernt.

Sri Aurobindos Savitri‘ ist ein Opus Magnum, das diese Grenze überschritten hat. Sein philosophisches Werk ‚Das göttliche Leben‘ versucht, auf existenzielle Fragen rational zu antworten, in Savitri antwortet er mystisch. Mir ist, außer Spinoza vielleicht, kein Autor bekannt, der das so radikal zweifach versucht hat. Die Schriften seiner Lebensgefährtin Mirra Alfassa ergänzen das.

 

Der Beitrag Von Gefühlen getragen erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/von-gefuehlen-getragen/feed/ 0
Ideengeschichte https://readingdeleuzeinindia.org/de/ideengeschichte/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/ideengeschichte/#respond Tue, 23 Aug 2022 17:19:39 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1587

Ich liebe die Komplexität, manchmal aber auch die radikale Vereinfachung – um etwas Klarheit zu bekommen. Z. B. die Ideengeschichte in der bildenden Kunst. In Europa, nach der großen Völkerwanderung, lässt sich die Kunstgeschichte als Ideengeschichte holzschnittartig skizzieren: In der mittelalterlichen Kunst wurden Geschichten visuell erzählt – hauptsächlich die Geschichten der Bibel. Die meisten Menschen […]

Der Beitrag Ideengeschichte erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Ich liebe die Komplexität, manchmal aber auch die radikale Vereinfachung – um etwas Klarheit zu bekommen. Z. B. die Ideengeschichte in der bildenden Kunst. In Europa, nach der großen Völkerwanderung, lässt sich die Kunstgeschichte als Ideengeschichte holzschnittartig skizzieren:

  • In der mittelalterlichen Kunst wurden Geschichten visuell erzählt – hauptsächlich die Geschichten der Bibel. Die meisten Menschen konnten ja nicht lesen, schon gar nicht Latein, oder Griechisch. Die Holztafelmalerei der Altäre ist also eine Art Comic, und ebenso frei in der räumlichen Ordnung, Perspektive, Relation der Objekte.
  • In der Renaissance wurden Konstruktionsprinzipien des Verstandes angewendet: Zentralperspektive, Farbtheorie, visuelle Effekte wie Sfumato etc… Es ging darum, zu zeigen, dass Künstler eine Illusion konstruieren können.
  • Im Barock wurde der Raum gefasst. Der Kirchenraum wurde gefaltet, die Sinne stimuliert, die Malerei verführte, die (Kunst-)Gegenstände standen für sich selbst.
  • Im Rokoko wurde der Adel belustigt. Teils sehr schlechter Geschmack und Innenarchitektur dienten als Spektakel – höfisch, dekadent.
  • Der Klassizismus war eine ethische Korrektur. Die klassischen Werte und Prinzipien der Antike wurden wieder heraufbeschworen.
  • Im Realismus ging es nun zum ersten Mal wirklich darum, die Welt, wie wir denken, dass sie sei, künstlerisch zu fassen. Hübsch und hässlich, banal und erhebend…
  • Im Impressionismus dann die philosophische Reflexion auf den eigenen Wahrnehmungsapparat. Wir können ja nur das darstellen, was wir wahrnehmen. Die Realität jenseits unserer Sinne entzieht sich der Darstellung.
  • In der Abstraktion, die eigentlich gar keine ist, geht es um innere Formen des Geistes.

Es ließe sich eine beliebig lange Liste solcher radikalen Vereinfachungen anfertigen. Schön ist aber zu sehen, dass es hier eine dialektische Bewegung gibt. Etwas Neues wird ausprobiert, bis erkannt wird, dass eine Grenze erreicht wurde. Die Gestaltungsprinzipien verkehren sich ins Gegenteil. Dies ist Fortschritt, sagen wir. Die ‚europäische Elite‘ wird immer ‚besser‘. Es mag etwas dran sein an dieser Ideengeschichte, aber was wird hier sichtbar? Was kann zu bestimmten Zeiten warum nicht formuliert werden? Sind Delacroix’ Zeichnungen nicht reiner Impressionismus? Ist Grünewalds Porträtkunst nicht reiner Realismus? Und ist die Formensprache mittelalterlicher Kunst nicht reine, konkrete Kunst?

Kunst Theorien

Wer hat diese Geschichte erzählt? Vasari, Gombrich, Panofsky? Warum wurde sie so erzählt? Und wer hatte zuvor gesammelt und aussortiert in den Wunderkammern und Kuriositätenkabinetten, den Privatsammlungen von Schlossherren und den Priestern der Kirchenräume? Und was wurde in den Revolutionen verbrannt, das wir danach nie mehr zu Gesicht bekommen haben?

Ich habe immer ein philosophisches Interesse an den Medien der Kunst gehabt. Selten habe ich die Künstlerbiografien angeschaut. Die philosophische Kunstkritik eines Roland Barthes z. B. fand ich immer spannender, oder philosophische Theorie von Danto, Deleuze oder Foucault. Auch hier ließe sich eine lange Liste erzeugen, auch hier geht es nicht um die einzelnen Details. Die Perspektive ist wichtig. Kunst entsteht im Betrachter. Kunst ist neben ästhetischer Erfahrung für mich auch immer Denkarbeit  – gewesen. Das hat sich für mich nun geändert.

Die Geschichte des Fortschritts oder der Reflexion, des Expertentums und der Kontextualisierung, die philosophische Medienanalyse und jede Art von Wertschöpfung, ideologischem Überbau und Machtstruktur verlieren zunehmend mein Interesse. Die Kunst ist tot, lang lebe die Kunst. Das war nicht nur zur Zeit der Avantgarde ein beliebtes Motto. Es drückt aus, wie eine Gesellschaft mit Kunst umgeht. Sie ist ein Objekt, ein sehr interessantes Objekt, jedoch ein Objekt. Das Geistige in der Kunst, wie Kandinsky z. B. es sah, geht in der Ideengeschichte unter. Die Museen als säkulare Kunsttempel, und die Galerien als kapitalistische, ideologische Verstärker treiben der Kunst das Geistige aus. Wenn die Kunst im Betrachter liegt, dann ist sie überall, am wenigsten jedoch in den Museen, Galerien, Kirchen und Sammlungen.

Erwartungen

Vielleicht ist aber meine Erwartung einfach zu hoch. Kunst ist doch in unserer Kultur das höchste Gut, so lernte ich es. In ihr treffen die menschliche Erfahrung, das Wissen und die Bildung, die Perfektion, der Genuss und die Reflexion aufeinander. Kunst ist die höchste Kunst. Ihr gebührt Respekt, sie ist Inspiration, im Genie vollkommen und für Normalbürger unfassbar.

Vielleicht sollten wir die Kunst wieder von diesem Podest nehmen und als Kunsthandwerk sich in Beliebigkeit verlieren lassen. Vielleicht sollten wir aber auch die Kunst als das enttarnen, was sie ist, immer auch eine Lüge. Einen gemalten Apfel kann ich schließlich nicht essen. Kunst ist für mich aber vor allem eins: Gegenstand von Meditation. Kunst ist Konzentration und Offenheit. Kunst verlangt nach Interpretation durch Anschauung. Nur so ist sie lebendig. Ich kann sie überall finden, auch in Museen, Galerien, Kirchen und Sammlungen.

Der Beitrag Ideengeschichte erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/ideengeschichte/feed/ 0
Wachstumsschmerzen https://readingdeleuzeinindia.org/de/wachstumsschmerzen/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/wachstumsschmerzen/#respond Fri, 12 Aug 2022 12:34:31 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1403

Ein intensiver Monat endet. Umzug, räumliche Trennung, Freunde, die sich trennen, die Liebe von Patenkindern, neue Freundschaften, Sehnsüchte, Warten… Ich könnte ein Drehbuch schreiben über die letzten Wochen in der Provence. Jeder Tag gefüllt von Schmerz, Mitgefühl und Liebe – kollektiv in verschiedenen Konstellationen. Ich möchte aber nicht diese kleinen Geschichten erzählen, obgleich Marcel Pagnol […]

Der Beitrag Wachstumsschmerzen erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Ein intensiver Monat endet. Umzug, räumliche Trennung, Freunde, die sich trennen, die Liebe von Patenkindern, neue Freundschaften, Sehnsüchte, Warten… Ich könnte ein Drehbuch schreiben über die letzten Wochen in der Provence. Jeder Tag gefüllt von Schmerz, Mitgefühl und Liebe – kollektiv in verschiedenen Konstellationen. Ich möchte aber nicht diese kleinen Geschichten erzählen, obgleich Marcel Pagnol vielleicht seine Freude daran gehabt hätte.

Was mich beschäftigt, ist die Frage nach dem Schmerz. Leben ist Leiden, sagen Buddhisten – sehr verkürzt. Das Wollen und Verlangen sind die Ursachen für Frustration und Leid. Aber auch das Leben selbst, Durst und Hunger, das Verlangen des Körpers, es erzeugt Leiden. Ich habe das nie ganz verstanden. Ich verstehe, dass Verlangen, das nicht zur Ruhe kommt, immer mehr Verlangen erzeugt. Dieses Verlangen zur Ruhe zu bringen, ist Teil meditativer und spiritueller Praxis. Und die Momente des Glücks? Erzeugen die nur mehr Verlangen, oder können wir diese nicht als solche einfach sein lassen? D.h. im Loslassen genießen können.

Heute traf ich einen Nachbarn. Bei all den Veränderungen im Moment weiß ich immer nicht, wie ich Nachfrage beantworten soll. Meistens sage ich: Ich weiß es nicht. Er hatte das sofort verstanden, er verteidigte mich in der Runde und sagte, er weiß das einfach nicht, das ist es, was es heißt, loslassen zu können. Ich habe mich darüber sehr gefreut.

Wenn wir an etwas sehr hängen, fällt es uns schwer, es loszulassen. Manchmal sind das praktische Zwänge. Wir hatten uns daran gewöhnt. Nun heißt es Abschied nehmen. Das erzeugt Leid. Besser also gar nicht z. B. eine Verbindung eingehen? Und wenn eine Verbindung sich löst, dann einfach gelassen bleiben? Geht das überhaupt? Ist es nicht vielmehr das, was unser Leben ausmacht, diese intensiven Erfahrungen?

Eine Phase vielleicht. Unser geistiges und spirituelles Wachsen durchläuft diese Phasen. Siddhartha wurde nicht im Alter von 5 erleuchtet, sondern als Erwachsener, der schon sehr viel erlebt hatte, vieles gesehen hatte… Wachstumsschmerzen also. Was uns nicht umwirft, macht uns stark? Das ist natürlich Quatsch, im Kern aber doch interessant, denn die Grenzerfahrung lässt uns wachsen. Neues entdecken, es durchleben und dann loslassen können. Nur so können wir uns wirklich entfalten. Schön wäre es, wenn wir in dem Durchleben nicht den Planeten ruinieren. Achtsam bleiben!

Der Beitrag Wachstumsschmerzen erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/wachstumsschmerzen/feed/ 0
Kollision https://readingdeleuzeinindia.org/de/kollision/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/kollision/#respond Fri, 22 Jul 2022 12:25:30 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1146

Es war ein Kraftakt. Wohnung auflösen, Umzug mit Freunden, Dinge unterstellen, neu orientieren, bevor ein neues Kapitel beginnt. Gewohntes verlassen, den Status quo brechen, das tun, was wichtig und richtig ist, ohne Kompromisse einzugehen. Das heißt dann aber auch, Verletzungen zu erleiden und zuzufügen, Dinge zerbrechen und Neues pflanzen. Merkwürdig nur, dass dies einigen Freunden […]

Der Beitrag Kollision erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Es war ein Kraftakt. Wohnung auflösen, Umzug mit Freunden, Dinge unterstellen, neu orientieren, bevor ein neues Kapitel beginnt. Gewohntes verlassen, den Status quo brechen, das tun, was wichtig und richtig ist, ohne Kompromisse einzugehen. Das heißt dann aber auch, Verletzungen zu erleiden und zuzufügen, Dinge zerbrechen und Neues pflanzen.

Merkwürdig nur, dass dies einigen Freunden ähnlich geht. Nach Corona ist die Welt eine andere. Wir wollen nicht mehr so leben wie davor. Desillusioniert, Midlife-Crisis, utopisches Denken, Wünsche verwirklichen, die eigene Sterblichkeit erfahren, die Gewissheit verlieren. Eine offene und teils beängstigende Zukunft, Krieg, Klimakrise, sterbende Demokratien, neue Weltordnung.

In der Provence treffen alle diese Kräfte zusammen. Eine historische Landschaft, reich an Kultur, Krieg und Liebe, Schönheit und Zerstörung. Sternenhimmel, glitzernd… das macht bescheiden. Veränderung nicht als Bedrohung wahrzunehmen, sondern als Notwendigkeit. Akzeptanz.

Auf der langen Fahrt führte ich ein Gespräch über spekulatives Denken. Was soll das sein? Wie können wir das machen und warum? Ich frage grundsätzlicher: ist der Kosmos nicht die Realisierung aller Möglichkeiten? Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft. Die gesamte Zeit und alle möglichen Welten in einer Realität. Immanenz. Durch diese fließt nur die Kraft des Bewusstseins. Ein zu-Bewusstsein-kommen bewusstmachen heißt Verbindungen schaffen, nur so ist spekulatives Denken möglich, nur so sind wir frei. Nicht die Atome sind die Kerne des Universums, sondern Bewusstsein.

Der Beitrag Kollision erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/kollision/feed/ 0
Einsicht https://readingdeleuzeinindia.org/de/einsicht/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/einsicht/#respond Sat, 25 Jun 2022 21:23:14 +0000 https://deleuzeinindia.org/?p=726

Als ich ein Teenager war, hatte ich mein Herz verloren an jemanden, der in Rom lebte. Ich reiste in die ewige Stadt, ohne Geld, ohne Plan, eine Überraschung sollte es sein. Das ging einigermaßen schief. Wir aßen eine Pizza gemeinsam, ansonsten hatte ich viel Zeit für mich. Auf einem der Hügel verbrachte ich viele Stunden […]

Der Beitrag Einsicht erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>

Als ich ein Teenager war, hatte ich mein Herz verloren an jemanden, der in Rom lebte. Ich reiste in die ewige Stadt, ohne Geld, ohne Plan, eine Überraschung sollte es sein. Das ging einigermaßen schief. Wir aßen eine Pizza gemeinsam, ansonsten hatte ich viel Zeit für mich. Auf einem der Hügel verbrachte ich viele Stunden damit, in den Himmel zu schauen. Ich dachte über Einstein nach. Was auch sonst. Alles andere schien zu banal. Dort, zum ersten Mal, hatte ich ein Bewusstsein vom Ganzen. Nicht dass ich Einstein verstanden hätte, obgleich ich mich so fühlte: In den Sternenhimmel schauend, wurde mir klar, dass alles zusammenhängt und in einer Wechselwirkung steht. Dass Energie, Materie, Raum, Bewusstsein, Zeit – alles zusammenhängt, ineinander transformierbar ist. Ich erinnere diesen Moment noch heute. So klar schien mir das, so unanzweifelbar. Ich verlor als Resultat mein Selbst. Von da an ergab es überhaupt keinen Sinn für mich, von einem Selbst zu sprechen. Identität schien mir nun ein ideologisches Konstrukt, das nur auf Reisepässen seine Gültigkeit hat. Das Fundament für mein Philosophiestudium war gelegt.

Der Beitrag Einsicht erschien zuerst auf New Spirits - Reading Deleuze in India.

]]>
https://readingdeleuzeinindia.org/de/einsicht/feed/ 0