Status Quo Archive - New Spirits - Reading Deleuze in India https://readingdeleuzeinindia.org/de/tag/status-quo/ Bewusstsein existiert nur in Verbindung mit anderem Bewusstsein Sun, 10 Aug 2025 15:55:05 +0000 de hourly 1 https://readingdeleuzeinindia.org/wp-content/uploads/2022/06/cropped-small_IMG_6014-32x32.jpeg Status Quo Archive - New Spirits - Reading Deleuze in India https://readingdeleuzeinindia.org/de/tag/status-quo/ 32 32 Östliche und westliche Philosophie? https://readingdeleuzeinindia.org/de/oestliche-und-westliche-philosophie/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/oestliche-und-westliche-philosophie/#respond Sat, 07 Jan 2023 18:17:35 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2947

Neulich fragte mich eine Freundin nach dem Verhältnis von östlicher und westlicher Kultur. Das ist natürlich eine enorme Frage, die ich mir auch stelle und die natürlich niemand wirklich beantworten kann. Ich will aber ein paar Gedanken formulieren: Die Entfernung von einem imaginierten Zentrum Der ‚westlichen‘ Welt, basierend auf der klassischen Antike, dem Christentum, der […]

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Neulich fragte mich eine Freundin nach dem Verhältnis von östlicher und westlicher Kultur. Das ist natürlich eine enorme Frage, die ich mir auch stelle und die natürlich niemand wirklich beantworten kann. Ich will aber ein paar Gedanken formulieren:

Die Entfernung von einem imaginierten Zentrum

Der ‚westlichen‘ Welt, basierend auf der klassischen Antike, dem Christentum, der Aufklärung und dem Materialismus, steht die okzidentale Welt der Assyrer und Perser, des Islam und die Vorstellung eines Gemeinwesens, das göttlich gelenkt ist, gegenüber. Das ist eine Perspektive aus einem historischen Konflikt heraus, der aus westlicher Sicht durch Alexander den Großen, das Römische Reich, und die Kreuzzüge geprägt ist. Es ist eine eurozentristische, koloniale Perspektive, die den Dialog des Abendlandes mit dem ‚anderen‘ vermeidet. Die heute islamisch geprägte östliche Welt, das Morgenland, hatte ebenso eine missionarische Agenda (Dschihad).

Das Ganze ist natürlich viel komplexer, aber mir geht es hier darum, auf den Bereich hinzuweisen. Dieses zumeist konfrontative Verhältnis spielt sich geografisch zwischen der sogenannten westlichen Hemisphäre und dem Nahen und Mittleren Osten ab. Nordafrika wird in dieser Perspektive als Kollateral betrachtet. Diese ganze Beschreibung entspringt dem Denken des 19. und 20. Jahrhunderts und wird den Realitäten des 21. Jahrhunderts nicht gerecht. Was hier nicht vorkommt, sind die Kulturkreise Chinas und Indiens. In brutaler kolonialer Denktradition ist das lediglich der Ferne Osten. Wir haben also eine geografische Distanzlinie, auf der kulturelle Hemisphären gereiht werden, und für die die Distanz zum Zentrum (Rom, Konstantinopel, Meridian von Greenwich) ausschlaggebend ist. Das ist absurd, aber dennoch ideologisch real. Eigentlich sollte man hier gar nicht weiterdenken. Dies ist eine alte Ideologie, die bestenfalls ins Museum gehört.

Metaphysische Systeme

Ergiebiger ist eine Ordnung in metaphysische, also philosophische und spirituelle Systeme:

  • Monotheismus (weitestgehend einhergehend mit einer rein dualistischen Weltanschauung, die ihren Ursprung im Mittelmeerraum hat)
  • einem Denken der Immanenz (das sich leise durch alle Epochen und Kulturkreise zieht)
  • dem kapitalistischen, wissenschaftlich geprägten Materialismus des 19. und 20. Jahrhunderts (dessen Begrenztheit und Ignoranz gerade den Planeten bedroht)
  • die Weisheit der Rishis im Rigveda und den Upanischaden in Indien
  • das, was die kommunistische Kulturrevolution hinterlassen hat.

Meine Formulierung zeigt schon sehr deutlich eine persönliche Präferenz. Es geht hier um Weltbilder, Weltanschauungen, Selbstverhältnisse zur Welt. Sie sind hochgradig subjektiv. Da es sich hierbei nur scheinbar um Wissenssysteme handelt, und auch nicht um Religionssysteme oder Ideologien, sondern um fundamentale Lebenseinstellungen, sind die Auseinandersetzungen hier besonders spannend.

Die Zukunft wird oft als ein Verteilungskampf um Ressourcen wie Wasser, Klimafolgen, Fundamentalisten, Geopolitik, Kapitalströme, Wissenschaftsutopien und ‑dystopien beschrieben. Es geht im 21. Jahrhundert aber um das ganz Wesentliche: unser Verhältnis als Mensch zur Welt, und letztlich darum, ob wir in ihr bleiben wollen, und wenn ja, wie. Die Dringlichkeit dieser Frage wird mir hier in Indien sehr bewusst, im Westen wird diese Frage immer noch belächelt. Hier scheint mir der wirklich spannende Unterschied zu liegen.

Der Ursprung der Sprache

Um es noch einmal anders zu formulieren: Die universelle Sprache ist auch nicht die Mathematik. Es ist zwar wirklich erstaunlich, wie erklärungswirksam die Mathematik und die auf ihr basierenden Naturwissenschaften sind. Und auch die empirischen Wissenschaften haben eine gewisse Erklärungskraft, da sie Beobachtungen in Theorien formulieren. Doch sie sind eine abstrakte Beschreibungsebene der physischen Welt.

Das eigentliche Mysterium bleibt die Sprache selbst. Am Anfang war das Wort, sagt die Genesis. In den Upanischaden kommt dem Laut eine zentrale Rolle zu. Die Vibration, die Klang erzeugt, der wiederum eine Vorstellung erfasst und eine Form erzeugt, ist ein zentrales Bindeglied unserer Sinne und unseres Geistes. Der spirituelle Laut OM ist ein tiefes Ausatmen, das mit dem Schließen der Lippen endet und den Kern unserer Existenz erfasst.  Die Sprache, das Erzeugen von Bedeutung durch Laute, verbindet Wahrnehmung, Ausdruck, geistige Repräsentation, Vorstellung und Kommunikation. Am Anfang war nicht das Wort, sondern der Laut. Aus ihm entsteht das Wort, dessen Medium der Geist ist.

Wer hat eine Antwort?

Es kann eigentlich nicht mehr darum gehen, einen Status quo zu bewahren, und auch die Idee eines Fortschritts hat sich nun endgültig überholt. Wie können Antworten aussehen?

  • Die dominierende Variante ist, darüber nachzudenken, wie wir das System der Globalisierung verbessern können.
  • Eine individuellere Antwort ist die nach der Ausrichtung des eigenen Lebens an Maximen.
  • Eine weitere ist die Transformation des Bewusstseins: individuell, kollektiv, universell.

Mir scheint auch hier wieder die Weisheit der Upanischaden schon eine Antwort zu haben. Denn diese drei wesentlichen Ebenen einer Suche nach Antworten gehören zusammen. Sie werden in der Einsicht der Rishis versöhnt. Nur wenn wir unsere materielle Existenz mit unseren Lebensidealen und der Einsicht, dass Bewusstsein nicht isoliert existiert, vereinen, haben wir eine Chance.

Die Mantras der Rishi sind die ältesten spirituellen, überlieferten Texte. Sie zeugen von einem Anfang, der keiner war. Sie zeugen von einem universellen Bewusstsein, das sich nicht aus persönlichen Motiven speist, sondern aus dem menschlichen Geist, einer meditativen Introspektion. Die Lösung liegt in uns selbst. So trivial das klingt, ist es zugleich die höchste Weisheit.

 

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Art beyond darkness – Kochi-Muziris Biennale 2022/23 https://readingdeleuzeinindia.org/de/kochi-muziris-biennale-2022/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/kochi-muziris-biennale-2022/#respond Fri, 06 Jan 2023 06:32:27 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2881

Warum brauchen wir eine Biennale? Diese Frage habe ich mich oft gestellt. Vor COVID-19 habe ich viele Orte mit internationalen Kulturveranstaltungen besucht. In der Lockdownzeit habe ich ein Künstlerresidenzprogramm mitorganisiert, um über die Auswirkungen, Bedrohungen und Chancen von COVID-19 für Kulturschaffende nachzudenken. Alles lief anders als erwartet. Jetzt versucht jeder, zur Normalität zurückzukehren. Haben wir die Billionen von Euro und Dollar gedankenlos ausgegeben, um ein System aufrechtzuerhalten, das dringend eine Veränderung braucht?

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Why do we need a biennial? I have often asked myself this question. I have been to many places with major international cultural events, i.e., before COVID-19, that was. During Lockdown, I co-organized an artist-in-residence program to think about what the implications, threats, and opportunities of COVID-19 are for cultural practitioners. Everything turned out quite differently than we had hoped, the great upheaval failed to materialize, and in a time marked by crises many are now simply trying to return to the status quo. Have we really used the trillions of Euros and Dollars so thoughtlessly and without reflection, only to maintain a system that urgently needs a change?

The concept of biennials or major cultural events was already discredited before COVID-19. They are dominated by the art market and influencer posing. An international chic and hipster community, old intellectual hardliners, head-shaking know-it-alls, and naive do-gooders met there to applaud a powerless self-promotion of artist-curators and gallerist-egos. Many seriously want to show that the world should become better, but with what example do they go ahead?

 

Kochi-Muziris Biennale

I was at the Kochi Biennale for the first time in 2016, and I already thought that something different was being done here—better—with the heart in the right place and a vision that was oriented towards making a concrete, real difference. There were children’s art camps, public events where anyone could and did come, school children and their mothers came from the villages of Kerala, run-down barracks, warehouses, docks were opened so that art students from all parts of India could exhibit there, international artists were invited to see the locations before they conceived their side-specific installations. There were a large number of art educators, many projects were focused on ecology, social impact, critique of the ruling class. Little children, who use their school vacations to look at art, laughingly ask foreigners on the street where they come from, only to ask even more joyfully with great pride and enchanting charm if they like Kerala.

Fort Kochi is a melting pot of India, where spiritual, colonial, indigenous, national, political, cultural influences have converged for centuries. Kochi is an architectural jewel covered with Che Guevara graffiti and communist election posters. Goats and cows walk among the rickshaws, and everything smells of Kerala’s spice garden. Fresh fish is sold on the beach, while container ships and military reconnaissance vessels pass in the background. It is a vibrant city.

 

The fifth edition 2022/23

The 2022 Biennale started with organizational chaos. This is not really surprising in India, but it does show the challenges that Covid left behind. Many buildings stood empty for four years, or were just used for storage, which further reduced the already fragile building technology infrastructure. An incendiary letter on e-flux from participating artists attests to the frustration. Organizing a major international event in India may not be an easy task in itself, but doing so after two years of pandemic is actually impossible. It is all the more surprising that after two weeks of catastrophically communicated delays, the miracle of the Kochi Biennale happened again. Some things are still under construction even three weeks after the official partial opening. But most of it is professionally installed—in warehouses and barracks. The power of many artworks shines through the chaos.

Some large video installations, such as commissioned work by CAMP’s „Bombay Tilts Down (2021-2022)“ from Mumbai at Aspinwall or Amar Kanwar’s „Such a Morning (2017-19)“ from Delhi at Anand Warehouse, have transformative power. CAMP uses CCTV Surveillance footage and mixes it with percussive chants about solidarity, oppression, and hope in Mumbai’s poorest neighbourhoods.

CAMP - SD 480p

In contrast, Kanwar’s work is poetically quiet, a journey into darkness. A mathematics professor, perhaps going blind, prepares for the darkness. What a task for a visual artist – a preparation for a life without sight! This is not only about the existential questions of survival, but about the limits of art, how far does art reach beyond perception? The video installation is extended by an installation of miniprojectors, in which elements of the film are selected and captured in settings. Lined up next to each other, the film thus becomes a linear copresence that allows the visitor to walk around between the images. The visitor is in a place of reverberation, of memory, the images of the film are faded, transformed, surreal.

Amar Kanwar- SD 480p

A general trend is also intensifying here. More and more artists are using the medium of film. Projections and screens are everywhere. Magically disturbing is the installation of Jitish Kallat „Covering Letter“ (2012), the work has been seen many times before, but in the south of India it unfolds a completely different power. Ghandi sent a letter to Hitler on July 23, 1939. It was addressed ‚Dear friend‘. Ghandi emphasized that Hitler was the only person who could prevent the brutality of this war. The letter is projected continuously by Jitish Kallat on a cloud of mist. A touch of history is felt.

Since we are dealing with time media, it is impossible to cope with all of this, and so there is a competition of screens and projection sizes. There are many works on political, ethnic and social conflicts to be seen. Every story would be worth to be retold here. But the narrative medium reaches its limits here. The visitor needs time, but she is rewarded with a variety of perspectives from the point of view of the oppressed. In the age of portable pocket screens, it is appropriate to rely on this medium because our viewing habits are changing, the static image and text without dramaturgical staging are lost in the battle for attention.

It is nice to see that the curator shows great diversity in hanging. Large rooms with picture areas completely without text panels are beneficial – these hang in the hallway of the administrative wing of Aspinwall. The biennial gives the works space, the walls never seem crowded. This invites one to linger.

 

Art for the mind

Yohei Imamura „tsurugi“ (2022) is a highlight in technical mastery. Over two years, Imamura used a silkscreen technique to create a 3D model of a mountain by layering. A video explains the process. The reflective layers are almost as varied as the more than 1000 layers of paint that create the 3D model of the mountain. It starts with the topographic maps, which are themselves a layer of abstraction from reality. I think of Baudriallard’s simulacrum, of postmodern concepts of mapping. Imamura traces each elevation plane in order to transfer it individually to a silkscreen plane. This meditative tracing is also a preparation for mountain climbing; knowledge of the terrain is essential for survival.

By reproducing the mountains in 3D through layering, we are reminded of geological processes. It would be interesting to know what are the geological stratifications of the mountain itself, is there any correlation? Probably not. The whole could be created on a 3D printer, but here the inner design principles would be radically different, algorithmic, vector-based, tech-scanned. Criticism of a wide variety of technical media is clearly implied here. And so we find ourselves confronted with an object that combines different levels of representation and abstraction, created through an innovative form of masterful screen printing. Technical reproduction, imagination, construction, the intertwining of space and plane, of creativity and precision meet here.

A radical increase of the conceptual can be found in the works of Iman Issa „Lexicon (2012-19)“ questions the relation of language, image, and imagination. The starting point are art-historical descriptions of images that are not shown. Instead, from these textual descriptions, Issa isolates formal elements that can be seen as sculptures next to the descriptions. It is an intellectual game that seems a bit out of place. However, this kind of textual, Western, critical, perhaps based on postcolonialist discourse does not really resonate.

 

Biennale of the people

This Biennale of the people has a different accent: political, participatory, inviting. This becomes very clear and evident in the works of Marcos Avila-Ferero „Theory of the wild gees, notes on the workers gestures (2019)“.  Avila-Ferero asked retired Japanese workers to repeat their movements of the work processes in their professional life. We see workers moving air in human chains. The whole thing seems so absurd and senseless, so exposing and inhuman, that the whole exploitation of labor becomes immediately tangible. The technical tracing of the physical motion sequences illustrates how the rationalization of labor uses the human body as a tool. We see how, after decades of routine, the body adapts and deforms to the work processes. Over the duration of the exhibition, dancers will be invited to respond to these work processes. This is exciting to imagine.

The curatorial statement reads, „even the most solitary of journeys is not one of isolation, but drinks deeply from that common wellspring of collective knowledge and ideas.“ Nowhere is this more evident than in the works of the Student Biennial. You can feel the verve of young artists, the poetry that unfolds in the warehouses from the colonial era. The works of young artists „drink deeply from that common wellspring of collective knowledge and ideas,“ – they take a big gulp.

This again is not unusual, in fact not that remarkable, because art students all over the world do this. Except in Kochi they are represented at the Biennale, they are visible to an international audience, they are heard, their voice is amplified and sounds in a chorus, they are not alone, they represent a whole generation, the generation to which the future belongs and which is taken away from them by the egoism of the ideals of old white men.

The work of Nilofar Shaikh of VNSGU „Healing Map, Bench“ is such an example. A bench, with murals in the background, invites the viewer to confront the issue of violations and to enter into dialogue with the environment.

Dheeraj Jadhav shares his way of seeing with his installation „Planting Conversation“, which is strong and compelling.

Nabam Hem, Taba Yaniya and Ejum Riba invite us into the world of the Tani clan with their large installation „Tani Nyia Nyji Muj“. It is moving and thought-provoking.

The community art project Bhumi has worked in lockdown with a community in Bangladesh. Local materials and traditions result in a round of figures that exemplify the heart of this biennial. It can be seen on the sidelines of the biennial at the TKM Warehouse.

I always try to spend a few days at a biennial, I find it important to interact with the environment. In Kochi, I drink my chai on the boardwalk and laugh heartily with the people from Kerala, even though we don’t have a common linguistic language. The south of India is incredibly hospitable, warm, carried by a spirituality that perceives life in every counterpart. These encounters are the real energy of the Kochi Biennale, without them none of this would be possible here. And I am beginning to understand what it means to truly live differently. It is the nature and the culture, the people and the spirituality, the harmony of the world that can be heard here. It is a radical counter design to the over saturated affluent societies. In the curatorial statement we find: „The human need to think freely without proscription, in spite of, and sometimes because of repression, all point to the way we react to conflict. The only enemy is apathy. That has no name or face, and it lies entwined with its bedfellow-self-censorship.“

It is the Biennale of the people.

Further reading:

„Curatorial Statement“. Zugegriffen 7. Januar 2023. https://www.kochimuzirisbiennale.org/kmb-22-23/curatorial-statement.
OnManorama. „Kochi-Muziris Biennale venues come alive as show is opened to public“. Zugegriffen 26. Dezember 2022. https://www.onmanorama.com/news/kerala/2022/12/24/kochi-muziris-biennale-venues-opened-to-public.html.
„Open Letter from the Artists of the Kochi-Muziris Biennale 2022–23 – Notes – e-Flux“. Zugegriffen 28. Dezember 2022. https://www.e-flux.com/notes/510681/open-letter-from-the-artists-of-the-kochi-muziris-biennale-2022-23.
The New Indian Express. „Over 50 global artists call for overhaul of Kochi Biennale“. Zugegriffen 26. Dezember 2022. https://www.newindianexpress.com/states/kerala/2022/dec/25/over-50-global-artists-call-for-overhaul-of-kochi-biennale-2531510.html.

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Leere https://readingdeleuzeinindia.org/de/leere/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/leere/#respond Fri, 04 Nov 2022 03:25:45 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2267

Seit vielen Jahren schon ist mein Geist die meiste Zeit von Leer erfüllt. Auch mein Gedächtnis ist nicht gut und oft wiederhole ich Wörter oder Sätze in meinem Geist, ohne zu wissen warum. Oftmals sind es einfach Erfahrung in einem Wort in einer Endlosschleife, gewissermaßen wie ein Mantra. Mich hat das lange Zeit sehr beunruhigt. […]

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Seit vielen Jahren schon ist mein Geist die meiste Zeit von Leer erfüllt. Auch mein Gedächtnis ist nicht gut und oft wiederhole ich Wörter oder Sätze in meinem Geist, ohne zu wissen warum. Oftmals sind es einfach Erfahrung in einem Wort in einer Endlosschleife, gewissermaßen wie ein Mantra.

Mich hat das lange Zeit sehr beunruhigt. Ich habe versucht, Entschuldigungen und Rechtfertigungen dafür zu finden. Z.B., dass ich viel geistig gearbeitet habe und mein Geist einfach erschöpft ist, bis hin zu einem Burn-out. Ich habe mir gesagt, dass mein Gedächtnis nicht richtig oder anders funktioniert, weil ich in drei Sprachen lebe, denke, fühle, erfahre. Wie speichern wir Erfahrungen, Gedanke, Wissen in unseren Geist? Wenn ich etwas in einer Sprach erfahre, lerne, erkenne, kann ich es dann in einer anderen Sprache abrufen – ohne Unterschied? Und wenn mein Geist ein Wort wiederholt, 20, 30 mal, weil er quasi über etwas stolpert, es nicht ganz einordnen oder begreifen kann, ist es dann, weil der Geist langsamer wird, verwirrt ist?

Vor allem aber wusste ich nicht, wie ich die Leere in meinem Geist einordnen sollte. Ich dachte immer, es wäre erstrebenswert, wenn der Geist ständig aktiv wäre, produktiv, umtriebig. In die Welt zu schauen und sie als solche wahrzunehmen, erschien mir unproduktiv, faul. Ich habe das als Pausen gerechtfertigt, als Kräfte sammeln und zur Ruhe kommen, um dann wieder produktiv zu sein. Lässt sich das irgendwie steigern, fragte ich mich.

Unbehagen

Ich fühle also seit vielen Jahren ein Unbehagen in meinem Geist. Diese Leere und das mantrahafte Wiederholen von Wörtern, das Suchen von Informationen im sprachverwirrten Gedächtnis, all das scheint mir nun ein Hinweis gewesen zu sein, dass die gesellschaftlich geforderte Produktivität mir Unbehagen bereitet. Es ist, als ob sich in meinem Geist etwas regt, das sich diesem falschen Bewusstsein entzieht. Lange fühlte es sich wie eine Schwäche an, wie ein Versagen. Mein gesellschaftlich konditioniertes Selbst verurteile diese Momente. Etwas schien nicht auf Maximalperformance zu laufen.

Jetzt wird mir klar, dass hier etwas zu Vorschein kommt, das sich nicht unterdrücken lässt. Es ist ein anderes Bewusstsein. Ein Bewusstsein eines anderen Zusammenhangs, kontemplativ, meditativ, spirituell, sehend. Es ist ein Bewusstsein, das sich dem Alltag entzieht, das Selbst hinter sich lässt, die konstruierte Biografie als solche abstreift. Es ist ganz natürlich, dass die Zugriffsmechanismen des Geistes auf die eigene Erinnerung dann nicht mehr funktioniert. Der Geist will ja genau dies nicht mehr tun, und wenn ich ihn zwingen will, sträubt er sich und ermüdet. Dieses andere Bewusstsein, ein wacheres, selbstloses, sehendes möchte in meinem Fall seit vielen Jahren nach Indien. Es möchte nach Hause.

Heimweh

Etwas in mir hatte Heimweh. Nun es ist hier in Indien. Alles fühlt sich eigenartig vertraut an. Die Klänge und Gerüche an sich fremd, die Tatsache ihrer Existenz nicht. Die Menschen um mich herum (nicht die Touristen) tun, was sie tun müssen, mit einer großen Gelassenheit, alles scheint sich in einem organischen Fluss zu befinden. Namaste.

Synthese

Ich habe lang gebraucht, diesen Schritt zu tun, mir all dies einzugestehen. Dies geschieht hier auf einer anderen Ebene, nicht durch eine intellektuelle kritische Haltung gegenüber der Gesellschaft – das habe ich Jahrzehnte lang kultiviert – sondern um eine geistig spirituelle Einsicht, um Heimkehr.

Gestern habe ich ein Seminar besucht zur Rezitation und Interpretation von Rigveda Mantras. Vom Sanskrit Original ausgehend, wurden verschieden Übersetzungen von Sri Aurobindo verglichen. Ich hatte diese intellektuelle Strenge nicht erwartet, und es hat mir die Augen geöffnet, wie wichtig es ist, in die Quelltexte einzusteigen. Diese Mantras fühlen sich an, als ob ich sie vor sehr langer Zeit oft gesungen hätte. Mir geht das bei einiger gregorianischer und byzantinischer Musik auch so, ebenso wie bei Ragas, jüdischen Chansons, und Simon and Garfunkel…

Blickrichtung

Ich frage mich natürlich, ob diese Rückschau wirklich die Antwort ist auf die globalen Herausforderungen. Ich denke in vielerlei Hinsicht schon. Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, so ist ein Nachdenken über einen Status quo falsch. Klimaziele an einem Jahr in der Vergangenheit festzumachen ist falsch (obgleich das ein richtiger und pragmatischer erster Schritt ist), ebenso lässt sich Frieden nicht am Aufrechterhalten von Landesgrenzen festmachen (wenngleich ein aggressiv Überschreiten natürlich falsch ist).

Viel grundlegender, und eigentlich wichtiger, ist doch das warum. Wie sehen wir die Zukunft der Menschheit? Und das kann doch eigentlich nur heißen, dass wir die Pluralität und Buntheit der Menschen sich entfalten lassen, im Einklang mit unserer Umwelt. Und diese Antriebskraft, die uns selbst entfalten lässt, ist doch nicht ein Status quo, das kann kein Wohlstand sein und auch nicht das Kapital.

Wir müssen weg von der materialistischen und ökonomischen Denkweise, die wir seit der Aufklärung missverstehen. Ich habe Jahre damit verbracht, mir selbst beizubringen, dass mein Geist nicht existiert und nur ein illusorisches Nebenprodukt eines neurochemischen Prozesses ist, den ich nicht verstehe. Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, Kunst als einen theoretischen Diskurs zu verstehen, der die Prinzipien der Wahrnehmung reflektiert, und ich habe viel Zeit damit verbracht, soziale Prozesse als System zu verstehen, das der Logik von Informationsprozessen folgt. Ich frage wirklich, warum ich das getan habe?

Was war der Sinn und Zweck dahinter? Das einzige, was mir dazu einfällt, ist der Fortschritt der Wissenschaft und der Aufstieg des Informationszeitalters. Wir haben auf diesen reduktionistischen Denkprinzipien eine Welt aufgebaut, deren Resultat wir nun sehen. Es hat eine globale Elite erzeugt, die sich jedem Genuss hingeben kann und einen Großteil der Weltbevölkerung in bittere Armut gestürzt hat. Bezahlt hat das alles die Natur, die auf dem letzten Loch pfeift. Ich denke wirklich nicht, dass Diskussionen über Engeriespaarlampen uns hier herausbringen.

Globales Bewusstsein

Wir müssen anfangen, darüber nachzudenken, was wir hier tun. Es steht eine gewaltige Aufgabe vor uns, an einem globalen Bewusstsein zu arbeiten. Wir müssen alle Ressourcen, die wir haben, dafür aktivieren. Ich denke, das ist vielleicht ein Grund, warum fundamentalistische Positionen wieder erstarken. Sie werden reaktiviert, um ihren Kern zu verstehen. Dass dies von Macht missbraucht wird, überrascht dabei nicht sehr. Wir können das aber nur durch Dialog synthetisieren. Mauern zu bauen, um einen Status quo zu festigen, ist der völlig falsche Ansatz.

Es ist die Leere im Geist, die Raum schafft dem anderen zu begegnen, wenn wir das Selbst hinter uns lassen, wird Vielfalt in Einheit möglich.

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Wachsen https://readingdeleuzeinindia.org/de/wachsen/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/wachsen/#respond Tue, 26 Jul 2022 16:08:32 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1151

Viele Lebensgemeinschaften um mich herum erleben im Moment einen Stresstest. Dabei fällt oft das Wort Midlife-Crisis. Ein blödes Wort finde ich, da es suggeriert, dass das Leben, das individuelle Leben eine Krise hätte. Diese Perspektive verstört mich. Wieso sollte das Leben eine Krise haben? Es scheint doch eher so zu sein, dass Lebensgemeinschaften infrage gestellt […]

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Viele Lebensgemeinschaften um mich herum erleben im Moment einen Stresstest. Dabei fällt oft das Wort Midlife-Crisis. Ein blödes Wort finde ich, da es suggeriert, dass das Leben, das individuelle Leben eine Krise hätte. Diese Perspektive verstört mich. Wieso sollte das Leben eine Krise haben? Es scheint doch eher so zu sein, dass Lebensgemeinschaften infrage gestellt werden. Ein Ausbruch, Freiheitsdrang, Selbstverwirklichung, etwas nachholen zu wollen. Auch diese eine Vorstellung, die verstört. War die Vergangenheit falsch? Das wäre eine bedenkliche Vorstellung. Wie kann die Vergangenheit falsch sein?

Vielmehr hat sich doch vielleicht etwas geändert. Diese Veränderung irritiert das Gewohnte, Stabile, den Status quo. Die Frage ist doch eher die: Wieso möchte ich mich verändern und wohin? Ist das, was ich als Veränderung in mein Leben hereinlassen möchte, gut? Nur von dieser Frage aus ergibt es Sinn, den Begriff der Krise zu zitieren. Was, wenn die Veränderung gut ist, was, wenn sie schlecht ist? Wer hat dann jeweils die Krise?

Wir wachsen ständig, wachsen heraus und hinaus. Wir sollten einander dabei unterstützen. Denn dieses Wachsen verursacht Wachstumsschmerzen. Es verursacht Stress an den Bruchstellen. Hier entstehen Wut und Enttäuschung, Angst und Unsicherheit.

Eine externe Veränderung herbeizuführen, ist da vielleicht eher eine Übersprungshandlung. Dann hat das Leben vielleicht schon etwas zu lange geschlafen und die Veränderung nicht mitbekommen. Hier ist Achtsamkeit geboten. Dem Wachsen zuzuhören, um eine Krise zu verhindern.

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