Gestern habe ich das Jahr mit einer gemeinsamen Meditation beendet. Das war wunderschön, ruhig, konzentriert. Und gleich möchte ich ans Meer, ein wenig schwimmen, mir scheint dies ein guter Start zu sein.
Ich lasse ein wenig vor meinem inneren Auge passieren, wie ich die letzten Jahre und Jahrzehnte gelebt habe. Ich habe an verschiedenen Orten in verschiedenen Ländern gelebt. Das war spannend: andere Sitten und Gebräuche, Sprachen, Kulturen, andere Sinneseindrücke, von Natur und Küche, über Architektur, gemeinsames Feiern etc. Ich habe viele Dinge genossen, mich über vieles gewundert, habe mich inspirieren lassen und anderen Menschen Geschichten erzählt, Perspektiven gewechselt. Ich dachte, ich hätte ein interessantes Leben gehabt.
Leistung
Ich habe teilgenommen in einer Welt, die nach Fortschritt strebt, sich der Aufklärung verpflichtet fühlt. Um an einer bestimmten Form von Wohlstand teilzunehmen, die jeder, für sich individuell nach seinen Sehnsüchten und Möglichkeiten aushandelt, wird ein Preis verlangt: Leistung. Dieses technische Wort, das mich an den Physikunterricht und an Pferdestärken von Autos erinnert, ist die Einheit, in der alles verrechnet wird. Für die meisten ist Leistung an Lohn gekoppelt, für die, die es sich leisten können oder wollen, indem sie ihren Lebensstil anpassen, kann es Anerkennung sein. Es sind auf jeden Fall doch sehr äußerliche Kriterien, die wenigsten richten ihr Leben konsequent an eigenen Idealen aus. Doch selbst dieser innere Zwang, des Sich-selbst-treu-Seins folgt noch dem Leistungsprinzip.
Ich frage mich nun wirklich, ob diese Organisation von Gesellschaft wirklich alternativlos ist.
Karma Yoga ist nicht Kapitalismus
Das Experiment Auroville, an dem ich hier teilnehme, versucht da eine Alternative zu entwickeln. Und ja, um den Kritikern gleich recht zu geben: Rechnen tut sich das nicht. Es wäre aber ein Missverständnis, sich auf diesen Blickwinkel zu konzentrieren. Karma-Yoga ist nicht Kapitalismus.
Ich muss und will auch zugeben, dass ich in einer privilegierten Situation bin, mir leisten zu können, zwischen verschiedenen Lebenswelten wechseln zu können. Nachdem ich in so vielen Ländern gelebt habe, muss ich aber auch sagen, dass es wesentlich leichter ist, die Lebenswelt zu ändern, als die meisten denken. Es bedeutet eben auch Verzicht.
Nur stelle ich mir wirklich sehr ernsthaft die Frage, ob ich den Luxus der Flexibilität überhaupt noch will.