Raum Archive - New Spirits - Reading Deleuze in India https://readingdeleuzeinindia.org/de/tag/raum/ Bewusstsein existiert nur in Verbindung mit anderem Bewusstsein Mon, 11 Aug 2025 14:35:27 +0000 de hourly 1 https://readingdeleuzeinindia.org/wp-content/uploads/2022/06/cropped-small_IMG_6014-32x32.jpeg Raum Archive - New Spirits - Reading Deleuze in India https://readingdeleuzeinindia.org/de/tag/raum/ 32 32 Form und Leere https://readingdeleuzeinindia.org/de/form-und-leere/ Wed, 06 Aug 2025 03:58:17 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=5079 bamboo

Form ist leer. Sie hat eine Gestalt, aber keine Substanz; sie ist weder Materie noch Energie. Form ist Bewusstsein – etwas als etwas zu sehen, bringt Form hervor. Form ist jedoch auch funktional: Substanz, Materie und Energie interagieren nach Gesetzen. Als Teil des Bewusstseins interagieren sie in Form. Form ist Leere. Form ist Bewusstsein. Bewusstsein […]

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Form ist leer. Sie hat eine Gestalt, aber keine Substanz; sie ist weder Materie noch Energie. Form ist Bewusstsein – etwas als etwas zu sehen, bringt Form hervor. Form ist jedoch auch funktional: Substanz, Materie und Energie interagieren nach Gesetzen. Als Teil des Bewusstseins interagieren sie in Form. Form ist Leere. Form ist Bewusstsein. Bewusstsein interagiert mit Bewusstsein. Aus Form ergibt sich Materie – nicht umgekehrt. Materie bringt keine Form hervor.

Der Fluss der Energie und Materie – von einzelnen Atomen über geologische Ströme, das biologische Wachsen bis hin zum kosmischen Rauschen – durchströmt den Kosmos. Zuweilen konzentriert sich dieser Strom, wie auf unserem blauen Planeten. Lebensenergie, Chi, lebt sich hier aus. Chi formt.

Form ist Leere, Leere ist Form. Das Dao, Chi – sie geben dem Sein ein Bewusstsein. Jenes Sein jedoch ist nicht das, was wir als Materie verstehen; es geht allem voraus. Sein (Sat) entzieht sich unserem Verstehen. Nimmt es Form an, so beginnt es zu wirken, zu formen – es tritt ein in den Prozess des Universums. Es beginnt zu agieren. Doch Agieren setzt einen Lenker voraus – im Großen wie im Kleinen, im Kosmos wie in mir und in allem, was existiert. Steine werden weniger gelenkt als Katzen. Menschen lenken sich selbst – und andere.

Es gibt jedoch eine Urseele (Purusha).
Ich schaue in die sonnigen Berge in Bodhi Zendo. Die Wolken berühren die Bergwipfel, die Vögel ziehen durch das Himmelblau. Avocados schweben über dem Horizont. Ein Bambus biegt sich mit innerer Leere in den offenen Raum.

 

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Fokuspunkt https://readingdeleuzeinindia.org/de/fokuspunkt/ Sat, 18 Mar 2023 04:44:47 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=3250

Wie sähe eine Welt aus, ohne den Fokuspunkt einer Linse? Unsere Augen haben eine Linse, die das Licht bündelt, auf einer Ebene fokussiert, damit die Retina dieses fokussierte Bild aufnehmen kann – als Bild in einer Eben. Die Lichtstrahlen werden von Rezeptoren eingefangen und an das Gehirn weitergeleitet. Diese Vibration der Nervenzellen wird in eine […]

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Wie sähe eine Welt aus, ohne den Fokuspunkt einer Linse? Unsere Augen haben eine Linse, die das Licht bündelt, auf einer Ebene fokussiert, damit die Retina dieses fokussierte Bild aufnehmen kann – als Bild in einer Eben. Die Lichtstrahlen werden von Rezeptoren eingefangen und an das Gehirn weitergeleitet. Diese Vibration der Nervenzellen wird in eine andere Vibration, die des Bewusstseins, transkribiert. Dieses Prinzip wurde in der Camera Obskura und dem Cinematografen kopiert und bildet die Grundlage klassischer Fotografie und Film bzw. Videoaufzeichnungen.

Wie sähe also eine Welt aus, die wahrgenommen wird von einem Bewusstsein, das keine Linse in der visuellen Wahrnehmung dazwischengeschaltet hat? Der Raum wäre lichtdurchflutet, Farben währen wohl sichtbar, es gäbe aber keine räumliche Tiefe, keine Objekte. Wie würde sich ein Bewusstsein darin orientieren?

Sinne

Ein Neugeborenes hat die ersten Tage die Augen noch geschlossen. Zuerst muss der eigene Körper wahrgenommen werden, Grob- und Feinmotorik, Hunger, Schmerz, Müdigkeit. All das kommt wohl zuerst. Erst später kommen Seh-, Tast-, Hörsinn. Die Grenzen zwischen dem eigenen Körper und der Außenwelt müssen erkundet werden. Ist der Gegenstand in der Hand Teil des eigenen Körpers oder nicht? Wie verhält sich das Hungergefühl zur Milchflasche? All diese Wahrnehmungen kommen ohne die visuelle Repräsentation aus. Die Objekterkennung läuft zu großen Teilen über die Motorik, den Geschmack und Tastsinn. Also sehr direkt.

Die Wahrnehmung dessen, was nicht in direkter Körperkontaktebene ist, kommt später über Geruch, Sehsinn und Hörsinn. Das, was weit weg ist, muss sich mir irgendwie darstellen. Der Kontakt ist ein physikalischer, Lichtwelle, Schallwellen, Geruchsstoffe. Sie kommen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit an den Sinnesorganen an und hinterlassen dort einen Eindruck, sie schreiben sich in den Sinnen ein, eine Resonanz, ein Rhythmus, eine Verschmelzung oder Intermission findet statt. Beim Geruch und Hörsinn sind die Sinne den Vibrationen direkt ausgesetzt. Zwar ist das Gehörorgan, das Riechorgan, das Geschmacksorgan ziemlich komplex, denn die wahrgenommenen Vibrationen müssen so umgesetzt werden, dass das Gehirn sie verarbeiten kann, doch ist keines dieser Organe so kompliziert wie das Auge.

Sind die Probleme der westlichen Philosophie retinal?

Das Auge erzeugt also ein Abbild. Hier ist die Wurzel der Repräsentation. Welche diese Abbilder sind physische Realität, Lebenswelt, Kunst? Mir scheint, dass die meisten Fragen der Philosophie aus diesem retinalen Prozess heraus entstehen. Im Zentrum westliche Ästhetik steht daher die Frage nach der Repräsentation. Die Versuche, Repräsentation als Grundlage ästhetischer und epistemologischer Philosophie zu verstehen, führt auf alle möglichen Irrwege. Sie führen in eine Philosophie die die Welt als Objekte versteht, die sich uns darbieten. Das hat Konsequenzen nicht nur für die Kunst, sondern für die Ökonomie, Politik, Gesellschaft, Naturwissenschaft…

In der indischen Ästhetik ist es Rasa, ein völlig anderer Zugang. Es geht hier um einen Bewusstseinszustand, der durch die Sinnesreize erleichtert wird. Sich in diesen Zustand zu begeben und dort zu verweilen, ist Ziel von Kunst. Kunst öffnet ein Tor zu höherem Bewusstsein – Satchitananda. Der Ursprung liegt in den Vedas. Rasa ist der Geschmack, Rasa ist nicht retinal. Rasa ist die Essenz.

Literatur:

Goswamy, B. N., und Vrinda Agrawal. 2018. Oxford Readings in Indian Art. Oxford University Press.
Seturaman, V. S. 2000. Indian Aesthetics:An Introduction. Macmillan Publishers India Limited.

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Meditationsnotizen – 6.10.22 Matrimandir https://readingdeleuzeinindia.org/de/matrimandir/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/matrimandir/#respond Thu, 06 Oct 2022 04:03:25 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=2070

Heute war ich nun zum ersten Mal im Matrimandir. Vor 6 Jahren hatte ich mal eine Führung, das ist eine Voraussetzung später allein hinzugehen. Es ist auch sinnvoll eine grobe Orientierung zu haben, was für ein Ort das ist, wie man sich dort verhält, was andere stören würde. Während meinen Montagsmeditationen im Zen-Kreis Bremen wurde […]

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Heute war ich nun zum ersten Mal im Matrimandir. Vor 6 Jahren hatte ich mal eine Führung, das ist eine Voraussetzung später allein hinzugehen. Es ist auch sinnvoll eine grobe Orientierung zu haben, was für ein Ort das ist, wie man sich dort verhält, was andere stören würde.

Während meinen Montagsmeditationen im Zen-Kreis Bremen wurde ich oft hierhin getragen. Es war ein Ort der Ruhe und Kraft. Manchmal schien es, als wollte dies mir etwas sagen. Nun, es hat mich sicherlich nicht davon abgehalten, nach Auroville zu kommen.

Es hat verschiedene Anläufe gebraucht, in die innere Kammer des Matrimandir zu kommen. Ich bin kein Freund davon den eigenen Willen durchzusetzen und so nehme ich kleine Hinweise auf ein Warten oder das Üben von Geduld ernst. Andere würden sich vielleicht über diese kleinen Hindernisse hinwegsetzen, aber dafür entwickeln sie eine eigene Logik. Wenn ich die ersten stürmischen Impulse in mir durch kleine Warnungen anderer zur Ruhe kommen lasse, indem ich eben ein anderes Mal wiederkomme, so werde ich ein anderes Mal eingeladen einzutreten, alle bürokratischen Hindernisse zu umgehen und einfach meinem inzwischen wesentlich ruhigeren und konzentrierten Impuls zu folgen. Ich wurde heute also ins Matrimandir eingeladen, trotz Regen.

Meditieren

Ein großer Teil dessen, was während einer Meditation passiert, ist eigentlich nicht so schwierig: die Gedanken zur Ruhe bringen, den Kopf aufräumen, das Bewusstsein öffnen, atmen und zu spüren, dass die eigene Existenz Teil des gesamten ist. Das Ego hinter sich lassen, und dem Bewusstsein Raum geben, um sich mit anderem Bewusstsein zu verbinden. Festhalten am Wunder des Lebens, und aufgehen im reinen Selbst. Angekommen im Zustand des vereinten Selbst können sich die Gedanken ganz neu ausrichten, in Windeseile entstehen Verknüpfungen und Einsichten von Weltzusammenhängen, die sich mir sonst nur schwierig erschließen. Es ist ein wenig wie schreiben, nur eben nicht als subjektiver Ausdruck, sondern als transzendente Erfahrung.

Das mag nun für einige ein wenig merkwürdig klingen. Ich kann aber nur empfehlen das mal auszuprobieren. Manche berauschen sich an Sport oder Getränken, andere an Lust und Medienmarathons. Warum nicht mal ein bisschen Ruhe im Kopf? Unser Bewusstsein ist das Faszinierendste, was wir haben, es ist das einzige, das zählt, und es ist in den Alltagsmühlen doch recht eingeengt.

Das Matrimandir ist ein Ort, der diese Prozesse unterstützt. Viele haben davon gesprochen, wie stark dieser Ort sei. Ich habe da immer ein wenig gelächelt. Lächeln ist nicht falsch, nun lächele ich aber ein wenig anders.

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Meditation https://readingdeleuzeinindia.org/de/meditation/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/meditation/#respond Sat, 01 Oct 2022 01:47:18 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=807

Ich habe mich immer gegen das Wort Mediation gewehrt. Vieles daran war mir suspekt. Ich habe aber zugleich seit jeher meine Formen der Meditation praktiziert, ohne diese so genannt zu haben, oder ohne sie gelernt zu haben. Für mich gehören in den Bereich der Mediation: a.) die Kontemplation, d. h. das Versinken in einen Gedanken […]

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Ich habe mich immer gegen das Wort Mediation gewehrt. Vieles daran war mir suspekt. Ich habe aber zugleich seit jeher meine Formen der Meditation praktiziert, ohne diese so genannt zu haben, oder ohne sie gelernt zu haben.

Für mich gehören in den Bereich der Mediation: a.) die Kontemplation, d. h. das Versinken in einen Gedanken und das gezielte Nachspüren von Gedankenimpulsen zu einem Thema, ein Umkreisen, bis das mentale Bild klarer wird und vor dem inneren Auge erscheint. b.) auf den eigenen Atem zu achten. Dabei wird der eigene Körper bewusst. D. h., durch das bewusste Ein- und Ausatmen richtet sich auch der Körper auf, die Wirbelsäule wird entlastet und die eigene physische Existenz wird bewusst. Mit diesem Existenzbewusstsein lassen sich dann neue Bewusstseinsebenen erschließen. c.) in der transzendentalen Meditation verbindet sich das Selbst mit dem allgemeinen Bewusstsein und kann nun nahezu beliebige Formen annehmen. Spannend ist in dem Zusammenhang der Begriff des Werdens. Das Selbst kann nun ganz in einem anderen aufgehen. Z. B. kann sich das Selbst öffnen oder es kann sich gedanklich in einen anderen Raum oder in eine andere Zeit versetzen. Die Gedanken sind frei. Dies sind Meditationsformen, die ich in der Regel eine halbe Stunde praktiziere.

Bei längeren Meditationen im Lotussitz von bis zu 1,5 Stunden passieren dann noch einmal ganz andere Dinge. Das hat auch etwas mit dem Schmerz zu tun, den die Sitzhaltung mit sich bringt. Ich sitze quasi durch den Schmerz hindurch. Das führt zu einer Art Trance. Diese Grenzerfahrung überschreitet die Trennung von Selbst und Welt, in ihr finde ich eine Realität, wo alles im Einklang ist.

Indien

In Indien habe ich das Gefühl, dies aufschreiben zu können, ohne wie ein Träumer zu klingen. Es fühlt sich natürlich an, dies zu tun und auch darüber zu sprechen. Vielleicht hat meine Sehnsucht nach Indien auch damit etwas zu tun. Ich habe das Gefühl, hier meinem Bewusstsein Raum geben zu können, ohne mich rechtfertigen zu müssen. Diese Erfahrungen dürfen einfach sein und müssen sich nicht dem Reduktionszwang einer materialistischen Philosophie gegenüber beweisen. Vielmehr erlaubt mir das Sein hier, das Bewusstsein überhaupt erst zu erkunden und von diesen Erfahrungen aus die Zwänge der Dreifaltigkeit, des Kapitals und der Neurobiologie überhaupt erst als solche zu verstehen.

Ich bin keine Maschine und möchte auch nicht als solche verstanden werden.

Eine schöne Beschreibung dessen, was Meditation sein kann, findet sich in den Shvetashvatara Upanischaden 2. Kapitel. in: „Die Upanischaden. Eingeleitet und übersetzt von Eknath Easwaran“ ISBN-10: 3-442-21826-8  S.294f.

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Autobahn https://readingdeleuzeinindia.org/de/autobahn/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/autobahn/#respond Mon, 12 Sep 2022 10:30:58 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1844

Autobahnen sind immer besondere Orte für mich gewesen. Meistens war ich nicht unter Zeitdruck, selten musste ich in einer bestimmten Zeit von A nach B. Vielmehr sind Autobahnen Reiserouten. Ich befinde mich dort in Zwischenzuständen, eine Art Niemandsland mit unendlich vielen Möglichkeiten. Das eröffnet Denkräume. Oft sind die einfach leer. Das Gehirn ist damit beschäftigt, […]

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Autobahnen sind immer besondere Orte für mich gewesen. Meistens war ich nicht unter Zeitdruck, selten musste ich in einer bestimmten Zeit von A nach B. Vielmehr sind Autobahnen Reiserouten. Ich befinde mich dort in Zwischenzuständen, eine Art Niemandsland mit unendlich vielen Möglichkeiten. Das eröffnet Denkräume. Oft sind die einfach leer. Das Gehirn ist damit beschäftigt, sich sicher im Verkehr zu bewegen. Es ist eine angenehme Art der Beschäftigung, das Bewusstsein ist ausgelastet und wachsam, ein Fehler wäre tödlich. Wenn ich unterfordert bin oder müde werde, dann fahre ich ebenen etwas schneller, oder langsamer, oder mache eine Pause. Das erzeugt eine Art Equilibrium.

In diesem Equilibrium können andere Gedanken unbemerkt sich sortieren und fortspinnen. Nur gelegentlich hält mein Bewusstsein an einem Gedanken fest. So können Gedanken ihren Weg finden, ohne sofort den üblichen Gedankenfiltern zu begegnen. Ich lerne mich auf der Autobahn immer wieder ein wenig neu kennen, oder erinnere mich an ein früheres Selbst.

Hinzu kommt der physikalische Raum. Dieser ist entweder bekannt und löst daher Assoziationen aus, die quasi von außen angestoßen werden. Oder es ist ein neuer Raum, der einlädt zum Träumen und die Neugierde weckt. Ich persönlich empfinde das immer positiv. Angst oder unangenehme Gefühle kenne ich auf der Autobahn eigentlich nicht, wenngleich ich natürlich auch manchmal über Unangenehmes nachdenke, das ist klar.

Dieser Raum der Bewegung, des Reisens, der Assoziation, der sanften Stimulation und Wachheit, bringt mich fast immer irgendwann dazu über meine Kindheit nachzudenken. Ich bin ja auch in einem Land aufgewachsen, wo viel Auto gefahren wird. Es wäre schön, wenn sich das bald ändert, und ich selbst versuche auch weniger Auto zu fahren. Zeitgemäß ist das ja nicht mehr, und eigentlich auch ein bisschen verantwortungslos.

Dieser Raum also ist ein gegebener Raum. Er ist nicht kreativ, oder frei. Es ist ein Raum mit starken Bedingungen. Ich tauche gerne in diesen Raum ein, um zu sehen, aus welchen anderen Räumen ich mich eigentlich befreien möchte. Wahrscheinlich geht es vielen Menschen so, dass wir beim Autofahren unseren Gedanken nachhängen und unser Leben irgendwie verändert wollen.

Ich bin gerne auf der Autobahn. Das Reisen auf der Autobahn ist ein metaphorischer Ort, ein physikalisch metaphorischer Ort – eine physikalische Metapher. Ich habe früher  viel über Theorien von sprachlichen Metaphern nachgedacht. Was bedeuten sie, was ist ihre sprachliche Referenz, wie funktionieren sie… vor allem in der Kunst und Literatur. Metaphern sind Worte, die in einem bestimmten Kontext etwas anderes bedeuten, als sie normalerweise bedeuten. Das ist spannend!

Reisen auf der Autobahn ist das Gegenteil von einer Simulation, und doch funktionieren diese Räume ähnlich: Simulationsräume und Reiserouten. Beide Räume bedeuten etwas, was sie eigentlich gar nicht sind.

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Ereignishorizont https://readingdeleuzeinindia.org/de/ereignishorizont/ https://readingdeleuzeinindia.org/de/ereignishorizont/#respond Tue, 23 Aug 2022 06:49:53 +0000 https://readingdeleuzeinindia.org/?p=1573

Schwarze Löcher geben uns Rätsel auf. Ich bin kein Kosmologe und beschäftige mich mit einem philosophischen Interesse populärwissenschaftlich mit schwarzen Löchern. Sie markieren eine Grenze unserer Vorstellungskraft. Die Gravitationskraft beeinflusst Raum und Zeit, sagt die Wissenschaft. Konzentriert auf einen Punkt verdichtet sie Materie auf ihre reine Substanz, quetscht Atomkerne und Elektronen zusammen zu einer Masse […]

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Schwarze Löcher geben uns Rätsel auf. Ich bin kein Kosmologe und beschäftige mich mit einem philosophischen Interesse populärwissenschaftlich mit schwarzen Löchern. Sie markieren eine Grenze unserer Vorstellungskraft. Die Gravitationskraft beeinflusst Raum und Zeit, sagt die Wissenschaft. Konzentriert auf einen Punkt verdichtet sie Materie auf ihre reine Substanz, quetscht Atomkerne und Elektronen zusammen zu einer Masse (Atome bestehen ja zum wesentlichen aus Leere). Diese Masse zieht mit ihrer unglaublichen Gravitationskraft alles an und biegt und verzerrt Raum und Zeit.

Das schwarze Loch umgibt eine Schwelle, ein Ereignishorizont. Wenn dieser überschritten ist, gibt es kein Zurück mehr, d. h. Licht wird nicht mehr reflektiert, sondern absorbiert. Wir sehen also nicht, was im Inneren passiert. Etwas Ähnliches scheint für die Zeit zu gelten und den Raum. Zwar können sich schwarze Löcher durch unsere Raumzeit bewegen, sie selbst sind jedoch quasi außerhalb von ihr – was nun wirklich unsere Vorstellungskraft übersteigt. Es scheint davon sehr viele in unserem Universum zu geben. Die meisten Galaxien scheinen ein super großes schwarzen Loch in ihrem Zentrum zu haben.

Grenzen der Vorstellungskraft

Die Physik der schwarzen Löcher wirft unzählige Rätsel und Paradoxien auf. Vor allem aber zeigen sie eine Grenze auf. Unser Denken ist linear geprägt, d. h. unser Zeitempfinden ist im Jetzt, das sich über einen Moment erstreckt. Es steht innerhalb einer zeitlichen Abfolge, nämlich einer Vergangenheit, die ihm vorausging und einer Zukunft, die antizipiert ist und eintreten wird. Ähnliches gilt für den Raum: Unsere Vorstellung sagt, dass wir uns innerhalb des (3-dimensionalen) Raums prinzipiell unendlich weit in alle Richtungen bewegen können.

Diese Annahmen sind falsch. Sie werden von schwarzen Löchern annulliert. Für Kant waren Raum und Zeit daher Kategorien a Priori. D.h. sie bestimmen unsere Wahrnehmung und sind nicht selbst Gegenstand unserer Wahrnehmung, über ihr wirkliche Beschaffenheit können wir nichts aussagen. Wir bewegen uns in Raum und Zeit, nehmen sie selbst aber nicht wahr. Raum und Zeit prägen unser Denken, wir können sie innerhalb unseres Denkens nicht überwinden. Das macht es schwer, über schwarze Löcher nachzudenken.

Schwarze Löcher sind nun aber mal da, und fallen für unser Denken in die ontologische Schublade mit Dingen, die wir nicht verstehen. Andere Dinge in dieser Schublade sind der Tod, Bewusstsein, Spiritualität. Schwarze Löcher ähneln dieses Dingen, da sie Grenzen unserer Vorstellungskraft markieren. Sie unterscheiden sich jedoch auch wesentlich. Schwarze Löcher kennen wir nur durch die Wissenschaft, außerhalb von Wissenschaft haben wir keinen Zugang zu ihnen. Tod, Bewusstsein und Spiritualität kennen wir nur aus unserer Erfahrung, die Wissenschaft hat zu ihren wesentlichen Qualitäten wenig Zugang. Die Aussagen der Wissenschaft über Tod, Bewusstsein und Spiritualität sind unbefriedigend und reduktionistisch.

Vielleicht markieren alle 4, d. h. schwarze Löcher, Tod, Bewusstsein und Spiritualität in unterschiedlicher Weise Ereignishorizonte.

Spekulation über andere Dimensionen

Ich möchte ein wenig spekulieren. Wenn schwarze Löcher nicht Teil unsere Raumzeit sind, aber zugleich in ihr vorkommen, so sind sie vielleicht Teil einer anderen Dimension. Vielleicht gibt es in einer anderen Dimension eine Anordnung von schwarzen Löchern, die dort Ereignischarakter haben. Vielleicht ist unsere Raumzeit nur eine Eigenschaft einer anderen Dimension.

In der Quantenmechanik ‚weiß‘ jedes Atom von den anderen Atomen im Universum. Die sogenannte Wechselwirkung beschreibt das Phänomen. Ändere ich an einer Stelle etwas im Universum, ist die Konstellation des Universums insgesamt verändert. D.h. am anderen Ende des Universums ist die Information, dass sich etwas geändert hat, präsent, sonst würden die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt. Diese komplexe Informationsdichte wird von schwarzen Löchern ebenfalls annulliert. Was innerhalb eines schwarzen Lochs passiert, hat keine Wechselwirkung mit unserer Raumzeit. Nur die Gravitationskraft des schwarzen Lochs selbst hat einen Effekt. Auch hier kommen wir wieder schnell an die Grenzen unserer Vorstellungskraft. Schwarze Löcher scheinen auch Informationslöcher zu sein.

Wenn unsere Welt aber nicht primär physisch, sondern spirituell ist, wie passen dann schwarze Löcher im Universum da rein? Bilden schwarze Löcher dann auch spirituelle Löcher?

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