Die Begierde der Frucht

Ein Apfel, eine Erdbeere, eine Melone oder eine Maracuja, eine Banane oder Pflaume, eine Tomate oder Gurke, eine Bohne oder ein Korn, eine Kokosnuss und ein Granatapfel. Früchte wollen verzehrt werden, sie wollen Genuss bereiten, nähren und zuweilen auch berauschen. Sie schillern und vergären, verwesen und verströmen Düfte, sie fallen ins Auge, betören die Sinne, erzeugen Lust und Genuss.

Sie sind ja nicht ganz zufällig so. Früchte spiegeln ein Verlangen derjenigen, die sie essen: Menschen, Pferde, Affen, Ameisen, Käfer, Vögel, Fische, Igel, Hunde und Katzen, Schnecken, Spinnen, Schlangen, Fliegen, Giraffen und Papageien. Sie alle reagieren auf verschiedene Früchte. Manche Früchte haben eine harte Schale, manche sind ganz weich. Einige sind schwer und groß, andere klein und leicht. Manche sind süß oder sauer, bitter, oder salzig, riechen intensiv oder ganz zart, stinken oder betören.

Früchte wollen gegessen werden, so bewegen sie sich fort. Ein Apfel sagt: Nimm mich mit, eine Erdbeere will auf der Zunge zerfließen, eine Maracuja bietet sich dar in ihrer Wollust, Zartheit und Intensität, eine Kokosnuss will geknackt werden, geworfen und zerstoßen werden, um ihr Fleisch und den Saft als Erfrischung zum Laben darzubieten. Die Bohne hängt und wartet, das Korn verfängt sich im Pelz, die Tomate platzt frech in ihrer Röte, vernarbt, und schmiegt sich ein, die Hand, die sie greift.

Die Frucht und das Tier vereinen sich im Genuss, in Hingabe und in der Suche. Die Belohnung findet in der Ekstase des Verzehrs statt, die Frucht erreicht ihr Ziel, das Tier ist satt, die Ekstase und der Rausch flammen auf im Verzehr. Am Ende ist das Scheißen, die Pilze brechen auseinander, was sich nicht im Feuer der Lust den Sinnen als Reiz hingab.

Diesen Beeren, Steinfrüchten, Hülsenfrüchten, Scheinfrüchten und Karyopsen geht die Blüte voraus. Jenes Duft verströmende Reizorgan der Pflanze, das sich begehren und besamen lässt. Ihr Antlitz spricht, sie lacht und öffnet sich, sie reiht sich ein in den Reigen des Kranzes. Natur erreicht hier reine Form, Kunst und Schönheit, Konstruktion, Behausung und Ruheplatz. Natur sendet ein Signal, sie kommuniziert, sie agiert im Überfluss und Rausch.

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